Das ist das Besondere hier an diesem belustigenden Abend: Niemand ist der, für den ihn andere halten. Das ist leicht frivol und auch reizvoll, anziehend und angenehm beängstigend. Es ist das I-Tüpfelchen beim Lustwandeln durch die Räume und im wilden Fackellicht des Hofes, beim ausgelassenen Tanze. Die Maske schafft Anonymität und Freiheit.
Bekommt man eine schwarze Visitenkarte, wird einem das Privileg zuteil, am berühmten Bal du Masque in Anrea teilzunehmen. Das kleine Land in den Mittellanden richtete abermals auf der Freusburg einen Maskenball mit Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Kampagnen und Larp-Ländern aus. Charaktere aus den Südlanden, Mythodea und den Mittellanden fanden sich ein, um die Nacht im exklusiv gemieteten Schloss zu verbringen und ohne Zeitstress zu tanzen und zu spielen.
Der Tag begann um 14 Uhr mit dem Einchecken und ging fließend in Tanzübungen für Anfänger und Fortgeschrittene in separaten Gruppen über. Dadurch konnten sogar völlige Anfänger für den Abend die wichtigsten Begriffe und zwei bis drei Tänze lernen und hatten die Möglichkeit, ihre Liebe für den mittelalterlichen Tanz zu entdecken.
Im unteren Tanzraum übten derweil die fortgeschrittenen Tänzer unter Anleitung der Tanzlehrerin Nathalie (die tatsächlich mittlerweile so ziemlich jedem Tänzer schon einmal begegnet sein sollte und mich immer mit ihrer Ruhe und Geduld überrascht) und frischten ihre Kenntnisse auf. Dies alles geschah noch in normalen Straßenklamotten. Nach einem ausgiebigen und soliden Jugendherbergsessen machte man sich dann für den Abend hübsch, um gegen 20 Uhr den Ball mit einer Begrüßung zu beginnen. Ein Reigen von hübsch anzusehenden Paaren, ausgewählten Ballkleidern und schönen Masken erfüllte von da an die ganze Nacht lang das Schloss mit einer Mischung aus venezianischem Flair und mittelalterlicher Etikette.
Dabei waren die Säle fast etwas zu klein, um der tanzenden Menge Platz zu bieten. Dazu kam, dass einige der Damen trotz der vorherigen Information nicht auf ihre weiten Unterröcke verzichten konnten und den Platz zusätzlich verknappten – aber natürlich sei es jedem gestattet, sich an diesem Abend möglichst wohl und schön zu fühlen. Neben dem abendlichen Tanzangebot, das im unteren Saal sogar komplett von einem Live-Orchester begleitet wurde, gab es noch ein Casino. Jeder Spieler hatte auf seinem Bett entsprechende Jetons gefunden (außerdem Schokolade!) und konnte sie nach Belieben verspielen. Zudem wurde gemunkelt, dass sich in den Gängen und Räumen Spielkarten finden ließen, auf deren Besitzer eine Belohnung wartete.
Auch ein wenig Plot habe ich gefunden: ein mysteriöser Mann lud neugierige und arglose Gäste in ein Kellergewölbe ein, um ihnen für ein Spiel einen würdigen Einsatz abzuringen und bei Erfolg diesen durch einen passenden Gewinn zu erhöhen. Mehr dazu sei nicht verraten – das Mysterium soll eines bleiben und nur den Wissenden ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
Stärken konnten sich die Tänzer an der Theke, wo es zu einem fairen Preis eine Vielzahl von Getränken gab. Außerdem wurde um 22 Uhr ein wirklich großartiges Buffet mit einer riesigen Auswahl an Leckerbissen serviert. Um Mitternacht wurden die Masken gelüftet und die Gewinner der Spiele bekannt gegeben – zwei Teilnehmer leihen im nächsten Jahr als Gastgeber dem Ball ihre Gesichter. Da sie beide Barden sind, riefen sie gleich einen Wettstreit der Barden und einen der schönsten Maske aus.
Man darf also auf das nächste Jahr (2020) gespannt sein. Hervorzuheben war bei dieser Veranstaltung die sehr gute Planung und der kontinuierliche Informationsfluss. Bereits auf der Homepage des Veranstalters fand sich jede erdenkliche Information – inklusive einer Bildergalerie. Die E-Mail an die Teilnehmer fasste alles noch einmal übersichtlich und knapp zusammen und machte das Erlebnis somit zu einer runden Sache. Auch die Organisatoren waren jederzeit ansprechbar und hatten auf der Veranstaltung ein offenes Ohr für Lob und Kritik. Wer sich in Ruhe unterhalten, ein wenig spielen und ausgiebig (wirklich bis tief in die Nacht mit Orchester) tanzen möchte, der sei herzlich eingeladen, einmal durch die Bildergalerie zu schauen und sich selbst ein Bild zu machen.
Text: Kathrin Oeltjen
Bilder: Kira Hagen
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de