Als ich erfuhr, dass ich am College of Wizardry: Nibelungen 2 (kurz: CoWN2) teilnehmen würde, hatte ich das Gefühl, endlich den lang ersehnten Brief zur Aufnahme an einer Zauberschule zu bekommen. Nur wenige Wochen später rollte der Shuttlebus von Berlin nach Südwestpolen auf den Vorhof des Schlosses.
Den Anreisenden bot sich ein beeindruckender Ausblick auf die verwinkelten Gebäude jenes Ortes, der für ein langes Wochenende zur Hochschule Nibelungen Institute für magische Bildung und Studien (kurz: N.I.M.B.U.S.) werden sollte. Neben dem obligatorischen Zauberstab mit einer Myriade an Charaktergeschichten und bereits geschriebenen Beziehungsgeflechten im Gepäck, bezogen die Spieler ihre Burgzimmer und bekamen Roben in Jahrgangsfarbe, Studienbücher und Krawatten in Hausfarbe ausgehändigt, bevor die Spiel-Workshops beginnen sollten. Der Time-In würde am Abend mit dem Einmarsch der gesamten Schülerschaft beginnen und bereits zu diesem Zeitpunkt offenbarte sich die Atmosphäre, die das Spiel bestimmen sollte. An der Schlossbrücke empfing das Spalier stehende Kollegium die Schüler, untermalt durch mysteriös-magische Klänge. Selten kam direkt zum Time-In eine solche Vorfreude auf die kommenden Entdeckungen und Geschichten auf. Ein bis in die letzte Ecke dekoriertes Schloss – mit Geheimgängen! –, das nur darauf wartete, seiner Geheimnisse beraubt zu werden lockte. Eine richtige Zauberschule.
Der alltägliche Wahnsinn einer magischen Hochschule
Oder auch: Hups, mein Professor ist ein Dämon! Am N.I.M.B.U.S. erwarteten die Studierenden kondensierte Einblicke in den Alltag einer magischen Hochschule, inklusive je drei verschiedener Pfade und Ausrichtungen der Institute. Unterricht in Fächern wie Alchemie, Beschwörungsmagie, Technomantie oder magischer Verteidigung, ebenso wie die gesamte Bandbreite des modernen Schüler- und Studentenlebens: Liebschaften, Freundschaften, Intrigen, Geheimnisse, Peinlichkeiten aller Arten und am Ende natürlich die brennende Frage: Wer geht mit wem zum Abschlussball?
Auch die Hauslese stellte sich als spannendes Unterfangen dar, denn bis zuletzt wurde zwischen den Sprechern der fünf Häuser die Zuteilung der Schüler verhandelt. Jedes Haus bestach dabei mit eigenen Traditionen, Mottos, Riten, Idealen und eigenem Klientel. So würde ein Gewöhnlichgeborener (ein Magischer aus einer nicht-magischen Familie) im elitären Haus Faust (Leitmotiv Wissen & Macht) einen schwierigen Stand haben, während im freiheitsliebenden Haus Grimm (Kreativität & Diplomatie) die Toleranz groß geschrieben wird. Mit der Hauswahl veränderte sich auch das direkte Spielumfeld, der Gemeinschaftsraum wurde zum zweiten Zuhause und die Hauskollegen zur neuen Familie. Stolz und Loyalität gegenüber dem eigenen Haus stellten sich bei vielen sehr schnell ein.
Neben dem magischen Schulalltag konnten sich die Spieler auf viele seltsame Vorkommnisse und Missgeschicke einstellen, oft im Zusammenhang mit geheimen Aktivitäten zwielichtiger Charaktere. Eine spontane Dämonenbannung oder eine Feentor-Öffnung waren ebenso keine Seltenheit wie das Verschwinden von Schülern oder Auftauchen gefährlicher, magischer Wesen – Zauberstab bereithalten und durch!
Jeder hat etwas zu verbergen
Die oberste Regel am N.I.M.B.U.S. könnte lauten: Alle haben Geheimnisse. Im Laufe des Spiels kristallisierte sich heraus, mit welcher Detailverliebtheit das Orgateam und die Spielerschaft alle Charaktere mit hellen und dunklen Seiten versehen hatten, um eine möglichst hohe Bandbreite an Erlebnissen und Entdeckungen zu schaffen. Von der versteckten dämonischen Besessenheit, über Tierzuchtexperimente im eigenen Gemeinschaftsraum oder feeninduzierte Gefühlsunfähigkeit bis zum heimlichen Dasein als Werwolf an einer Schule voller Werwolfshasser tröpfelten stetig abstruse Geheimnisse in die Öffentlichkeit der Institution.
Ausgehend von der im Hintergrund verankerten Werwolfproblematik und den damit zusammenhängenden, tragischen Ereignissen einer missglückten Rebellion mit vielen Todesopfern einige In-Time-Jahre zuvor, präsentierte sich die Schule als ein Schlachtfeld von Werwolfsgegnern und -befürwortern. Dies resultierte häufiger in extremen und intensiven Spielszenen: Die öffentliche Hinrichtung eines Werwolfs durch eine Schülerin bildete den Anstoß zu einer Reihe von erschütternden Vorkommnissen, an dessen Ende der Tod jener Schülerin stand.
Eckdaten
Termin: 22.2. bis 25.2.2018
Ort: Zamek Czocha (Les´na, Polen)
Veranstalter: Dziobak Larp Studios
Genre: Moderne Fantasy
Unterbringung: Mehrbettzimmer im Schlosshotel
Verpflegung: Vollverpflegung
Teilnehmer, Kosten: 130 SCs ab 370 Euro, 30 NSCs ab 0 Euro
Regelwerk: Eigenes
Mitspielen
Das nächste Spiel der College of Wizardry: Nibelungen-Reihe findet vom 28. Februar bis 3. März 2019 statt. Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es unter www.nibelungen.institute.
Text: Tanja Nündel
Dieser Artikel erschien erstmals in der Zauberwelten Herbst 2018.
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de