Zufällig stieß ich auf einen Bericht des dänischen Fernsehens, in dem ein Zombie-Larp vorgestellt wurde. Das Besondere daran war für mich: Die Macher prahlten mit einer geringen Überlebensrate von unter zehn Prozent. Da der Preis mit umgerechnet etwa 80 Euro durchaus akzeptabel war, dachte ich, dass ich das ausprobieren könnte – als Zombie-Fan rechnete ich mir gute Überlebenschancen aus. Auf einem 80.000 Quadratmeter großen Gelände nördlich von Kopenhagen durften sich die Teilnehmer austoben. Es war ausdrücklich erlaubt, alles zu benutzen, was man fand und in irgendeiner Weise verwenden konnte. Alte Reifen oder Tonnen ergaben eine tolle Barriere, in dem unbeaufsichtigt liegengelassenen Rucksack fand sich vielleicht etwas Essbares ... Aber Halt, ich greife zu weit vor.
Hintergrund und Konzept
Devolution Z wird seit einigen Jahren in einem Adventurepark durchgeführt. Zweimal im Jahr treffen sich hier hartgesottene Überlebende in einer Welt, die in-time vor 40 Jahren aus den Angeln gehoben wurde, als die Untoten die Welt überrannten. Das Spiel dauert vierundzwanzig Stunden, in denen das einzige Ziel heißt: Überleben!
Auf dem großzügigen Gelände befinden sich einzelne Hütten, eine kleine Siedlung, Wald und allerlei Hindernisse. Es gab außerdem einen kleinen NSC-Bereich, der für Spieler tabu war. Ansonsten konnte man alles untersuchen und erkunden. Mit Hilfe eines ausgeklügelten Systems konnten sich die Spielerinnen und Spieler einen Charakter-Typ zusammenstellen und einen Beruf wählen. Zu den Charakter-Typen zählte zum Beispiel der Outlander, der sich mit dieser neuen Welt arrangiert hat und widerstandsfähig geworden ist. Wird ein Outlander infiziert, dauert es länger, bis sich Symptome zeigen und die Nebenwirkungen sind geringer, um nur ein Beispiel zu nennen. Auch die Ausrüstung war zum Teil vom Typ abhängig, ein Outlander konnte beispielsweise einen Schild tragen. Einem Soldaten war es hingegen möglich, ein Gewehr zu bedienen und selbst mit schwerer Verletzung noch zu kämpfen.
Für jeden Charakter-Typ gab es eine kurze Liste, aus der man sich zwei oder drei Dinge aussuchen konnte, die der Charakter konnte oder hatte. Das Gleiche galt für Berufe. Mit diesem System wurde geregelt, mit welchen Waffen oder welcher Spezialausrüstung der Einzelne in den Kampf ziehen konnte, aber auch, ob man spezielles Wissen (z.B. über das Gelände, Infektionsarten usw.) oder bestimmte Fertigkeiten hatte.
Munition und Nahrungsmittel waren begrenzt. Die Munitionsmenge hing vom Charakter-Typ ab, das Essen war auf 400 bis 500 Gramm pro Person beschränkt. Sollte jemand während des Spiels (out-time oder in-time) drohen zu verhungern, konnte er sich infizieren lassen, denn die Zombies bekamen Kaffee, Tee, Verpflegung und wetterfeste Schlafplätze zur Verfügung gestellt.
Es gab neun verschiedene Arten von Zombies und fast jede Art hatte etwas Besonderes, diejenigen Spieler, die Zombiewissen gewählt hatten, konnten sich also glücklich schätzen. Am häufigsten traf man auf die vor sich hin schlurfenden Untoten, daneben gab es aber auch Angler, die einfach nur herumstanden, oder schnelle Jäger. Teilweise konnten sie mit einfachen Waffen hantieren oder sogar wenige Worte sprechen. Es ist richtig unheimlich, wenn ein Kinder-Zombie langsam auf euch zu schleicht und immer wieder „Hilf mir!“ fleht.
Die Kampfregeln waren sehr einfach. Nahkampf- und Schusswaffen verursachten eine Verletzung, die von fachkundigem Personal behandelt werden musste. Ein Zombie konnte einen Spieler infizieren, wenn er ihn mit beiden Händen an den Schultern packte, ansonsten wurde der Spieler bei einem Griff nur verletzt. Von der Infizierung bis zur Verwandlung dauerte es etwa eine Stunde, wenn kein Gegenmittel oder ein Blocker eingenommen werden konnte.
Zu Anfang standen achtundsechzig Überlebende einer kleinen Zahl von sieben Untoten entgegen, eine überschaubare Anzahl, der man Herr werden konnte, daher war das Hauptaugenmerk darauf gerichtet, Ressourcen und Schätze zu sammeln, die man entweder selbst gebrauchen oder am Handelsposten gegen alles Mögliche eintauschen konnte. Am begehrtesten war Munition, da die Mehrheit der Spieler nicht zum ersten Mal hier war und wusste, was noch folgen würde. Aber auch Rüstungen, Waffen und sogar Kleinigkeiten zum Essen konnten gehandelt werden.
Das Spielerleben
Im Norden Dänemarks sprechen lange nicht so viele Leute Deutsch wie im Süden des Landes, daher beschloss ich, die Mitstreiter mit der Schwierigkeit zu konfrontieren, dass ich ein Deutscher bin, der auch nur wenige Brocken Englisch beherrschte, sie also nur schlecht oder gar nicht verstand. Überraschenderweise erwies sich die Sprachbarriere später viel weniger als ein Problem, als ich es erwartet hatte. Die ersten ein bis zwei Stunden liefen aus meiner Sicht eher ruhig ab, jeder schaute, was er finden konnte, sondierte die Umgebung und fühlte den anderen Überlebenden auf den Zahn.
Dann traf man aber häufiger auf Untote, die sich mittlerweile schon zusammenrotteten und in Gruppen auftraten. Gegen Abend hörte man öfter von erlittenen Verlusten anderer Gruppen und vereinzelt auftretenden stärkeren Zombies und am Abend brach ein gepanzerter ehemaliger Soldat durch unsere kleine Barriere, als wir gerade unser karges Mahl zu uns nahmen. Er schaffte es, mich zu verletzten, bevor er endgültig ausgeschaltet werden konnte. Die Ärztin im Team war der Meinung, dass mein rechter Arm infiziert sein könnte, und während mich einige Spieler festhielten, wurde mein Arm ohne Narkose amputiert. Eine Fehlentscheidung, gegen die ich mich leider nicht wehren konnte. (Die Dänen sind da nicht so zimperlich …)
Sechs Stunden nach Spielbeginn preschte ein Jägerzombie in einem unachtsamen Moment mitten in unsere Gruppe, packte mich und infizierte mich tatsächlich. Eine Stunde ist nicht viel Zeit, um ein rares Gegenmittel zu finden. Beim Ver- such es an der Handelsstation zu erwerben, schaute die Händlerin an mir vorbei und meinte kurz: „Oh, oh!“ Da wusste ich, dass es ein Problem gab.
Die sieben Untoten, die im Halbkreis hinter mir standen, konnten zwar die Schwelle zur Handelszone nicht überschreiten, aber ich konnte auch nicht mehr hier weg. Da ich nur noch einen Arm hatte, wollte ich wenigstens heldenhaft ins (Un-)Totenreich übergehen, riss meine Axt in die Höhe und sprang in die Gruppe. Es wurde sofort von allen Seiten an mir gezogen und die Reste meines Körpers wechselten die Seite.
Was soll ich sagen? Das Essen war gut und von zwei bis sieben Uhr konnten wir Infizierte schlafen, wenn wir wollten. Die restlichen Überlebenden nutzten die Nacht, schlossen sich zusammen und verbarrikadierten sich, so dass es dieses Mal am Ende des Spiels immerhin 13 Überlebende gab.
Fazit
Was als einfaches Stadtspiel mit Ressourcensuche begann, endete in einem Gemetzel. Aus ursprünglich sieben Untoten wurden in nur vierundzwanzig Stunden über sechzig. Die relativ hohe Überlebensquote von etwa zwanzig Prozent in diesem Durchgang lässt Spannung aufkommen, was sich die SL für das nächste Mal noch alles einfallen lassen wird.
Das Einzige, was mich gestört hat, war, dass es immer wieder die gleichen Zombies waren, die auftauchten. Obwohl die Spielleitung über einen reichen Fundus an Masken und Klamotten verfügt, war ich der Einzige, der immer wieder sein Äußeres änderte.
Text: VoK
Info
Näheres über das nächste Spiel findet ihr hier. Das nächste Con soll vom 28.9. bis 29.9.2024 stattfinden.
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de