Das zweite Wochenend-Con der Godmorgon-Kampagne war dieses Mal kein typisches Abenteurer-Con, sondern bot Diplomatie, Krimi und Ambiente-Programm und war insbesondere für Anfängerinnen und Anfänger geeignet.
Hintergrund
Im Inselkönigreich Godmorgon, inspiriert von den britischen Inseln des Frühmittelalters, herrscht Unruhe: Der König, der kürzlich zum Ceridentum konvertierte und sich nun Der Lichtbringer nennt, hat eine religiöse Spaltung im Land verursacht. Während sich das Ceridentum im Süden etabliert hat und Anhänger des alten Cernunnos-Glaubens verfolgt werden, wehrt sich der Norden erbittert gegen die Ausbreitung der neuen Religion und gegen die Unterdrückung durch die fanatischen Ceriden.
In Friheathen, einem Ort im südlichen Shire Autun, wurde der korrupte Sheriff, der gnadenlos gegen Magier und Nicht-Menschen vorging, von der Bevölkerung und reisenden Abenteurern vertrieben und musste an den Königshof fliehen.
Jetzt versammelten sich Diplomaten, um über die Zukunft des Shires zu diskutieren, während die Bevölkerung auf Gerechtigkeit sann und ein Fest ausrichtete. Sollte ein Schreiben an den König verfasst werden? Aber was hatte der Sheriff dem König berichtet? Während die Verhandlungen begannen, zog ein Schatten über die Zusammenkunft: Friheathen wurde Schauplatz eines Verbrechens.
Das Spiel
Bereits die Anreise nach Friheathen verlief für die Spieler und Diplomaten alles andere als ruhig: Banditen lauerten auf den staubigen Straßen, griffen unerwartet an und verzögerten die Ankunft der Delegationen. Die Räuber zeigten allerdings wenig Interesse an Hab und Gut, sie hatten es stattdessen auf die Diplomaten abgesehen. Eine Diplomatin wurde von ihnen entführt und musste noch am selben Abend befreit werden.
Die Eröffnungsansprache der Verhandlungen hielt Ashworth, der die Runde einberufen hatte und von einem wachsamen Leibwächter begleitet wurde.
Das Shire war durch Korruption und das plötzliche Verschwinden des Sheriffs in Chaos und Armut versunken. Die öffentliche Ordnung hing am seidenen Faden, und der neu ernannte Hauptmann der Wache bat Einheimische und Reisende, die Reihen zu füllen und zur Sicherheit beizutragen. Gerade, als sich die gedrückte Stimmung löste und die Spieler bei einem humorvollen Geschichtenwettbewerb zusammensaßen, platzte der Koch aufgeregt in die Taverne und verkündete eine grauenhafte Entdeckung: Der Leibwächter war mit fünf Messerstichen in den Rücken ermordet worden. Die Tatwaffe – ein Dolch aus dem Besitz eines Diplomaten – wurde neben der Leiche entdeckt. In der Aufregung und Dunkelheit war ein Beutel mit kostbaren zwergischen Goldmünzen und einem Goldbarren entwendet worden.
Sofort begann die Jagd nach dem Täter. Schon bald stellte sich heraus, dass zwar die Reisenden glaubwürdige Alibis vorweisen konnten, doch unter den Diplomaten blieben offene Fragen. Eine Gruppe von Spielern nahm die Ermittlungen auf und verhörte gemeinsam mit dem Hauptmann der Wache die Verdächtigen. Eine der verschwundenen Goldmünzen tauchte plötzlich bei einem Spieler auf – ein Zeichen, dass es auch unter den Spielern manche gab, die sich an der Krise bereichern wollten.
Während die Nachforschungen weiterliefen, erreichten beunruhigende Nachrichten aus dem Norden den Ort: Der König war überlistet worden, und eine wichtige Stadt lag in Schutt und Asche. Trotz der düsteren Nachrichten und dem noch unentdeckten Mörder feierten die Anwesenden weiter, tanzten und führten die Verhandlungen fort. Man wollte den Anschein wahren, dass auch ohne einen Sheriff die Ordnung gewahrt werden konnte.
Die Frage, wer vorübergehend die Position des Sheriffs übernehmen und die öffentliche Ordnung wiederherstellen sollte, wurde zur nächsten Streitfrage. Der Verdacht lastete schwer auf den Diplomaten, und es wurde heiß darüber debattiert, ob man erst den Mörder entlarven oder doch schnell einen neuen Sheriff wählen sollte, um Ruhe zu schaffen. Mitten in dieser erbitterten Diskussion geschah der nächste Anschlag: Der Wortführer der Verhandlungen wurde unter Drogen gesetzt.
Als die Ermittler schließlich einen Schuldigen präsentieren konnten, riefen sie zur abschließenden Verhandlung. Eine Jury wurde gebildet, und die Anklage richtete sich gegen eine Diplomatin und Anhängerin Cernunnos‘, die sich bisher durch ihre volksnahe Art viele Sympathien gesichert hatte. Sie gestand, versucht zu haben, den Leibwächter Ashworths zu bestechen und ihn zum Verrat an seinem Herrn zu überreden. Doch der hatte sich geweigert. Ihr Plan war eine Rebellion gegen die herrschenden Ceriden und das Königshaus. Trotz ihrer anschließenden Verbannung behielt sie viele Sympathien unter der einfachen Bevölkerung, und während zwei neue Amtsträgerinnen die Ordnung sichern sollten, fragte sich so mancher, wie die Reaktionen des Sheriffs und des Königs ausfallen würden.
Am Ende standen siegreiche Ermittler, eine zerrissene Gemeinschaft und der bittere Nachhall der Ereignisse – ein ungewisses Ende für das Shire.
Versorgung
Eins der Highlights des Cons war die Verpflegung. Ein Koch versorgte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Porridge, Curry, gefüllten Blätterteigtaschen und (vegetarischen) Schnitzeln mit Kartoffeln und Snacks für zwischendurch. Sowohl Vegetarier als auch Fleischesser kamen so auf ihre Kosten. Darüber hinaus war eine Flatrate für alkoholfreie Getränke inklusive.
Bier und Met wurden zusätzlich angeboten.
Konzepte und Anfängerfreundlichkeit
Im Vorfeld ging die Orga explizit auf Anfängerinnen und Anfänger zu und unterstützte sie beim Erstellen der Charaktere, der Gewandung und der Ausrüstung. Darüber hinaus gab es viele Möglichkeiten, Kupfer in-time zu verdienen (Händler, Wachschichten, in-time-Tavernendienst, Dieben, Tränke testen im Dienst der Wissenschaft etc.).
Diese Möglichkeiten waren vor allem für Neulinge interessant, da sie ohne out-time Investition an Kupfer kommen konnten.
Da es sich nur um eine kleine Orga handelte, die auf Mithilfe angewiesen war, gab es das Angebot, eine Teilrückzahlung von fünf Euro auf den Conpreis oder zwei kostenlose Becher Met zu erhalten, wenn man in der Küche half.
Die Orga nutzte ihre NSCs fast ausschließlich für feste Charakterrollen, die dadurch so gut wie dauerhaft im Spiel waren. Dadurch verschwamm die Grenze zwischen NSCs und SCs zunehmend. NSCs waren keine bloßen Dienstleister oder Wellen-Banditen, wodurch ein gemeinschaftliches Zusammenspiel ermöglicht wurde. Darüber hinaus waren einige NSCs wiederkehrende Charakterrollen, was ihnen Tiefe verliehen hat.
Es war gewünscht, dass im Vorfeld alle Interessierten mit der SL abklärten, ob ihr Charakter in die Welt passte, wodurch ein stimmiges Bild erreicht werden sollte – schließlich hätte kein offen auftretender Magiermeister in Godmorgon lange genug überlebt, um Friheathen zu erreichen. Entsprechend nahe stand das Konzept einem Einladungscon. Insgesamt führte das in Kombination mit der fortlaufenden Story zu einer familiären Atmosphäre, in der sich viele Spieler bereits kannten und Larp- oder Godmorgon-Neulinge an die Hand genommen wurden.
Spielwelt
Die Orga versuchte durch viele Kleinigkeiten, eine lebendige Spielwelt zu schaffen. So gab es etwa ein eigens komponiertes Schmählied auf den Sheriff, das einige (G)SCs am Samstagabend zum Besten gaben. Durch SC-Tagesgäste am Samstag wurden Neuigkeiten vom Bürgerkrieg im Norden ins Spiel gebracht und die Taverne verkaufte nicht nur Met, sondern auch aus der Spielwelt stammenden Apfelwein in eigens gestalteten Flaschen.
Wie geht es weiter?
Die SL hat angekündigt, die Kampagne fortsetzen zu wollen, schließlich gibt es noch einige offene Fragen: Was wird der Sheriff nun tun? Wertet der König das Vorgehen in Friheathen als Rebellion? Wie entwickelt sich der Bürgerkrieg? Wie lange überleben die beiden neuen Ordnungshüterinnen? Wie reagieren die Ceriden darauf, dass eine Cernunnos-Anhängerin eine Rebellion anzetteln wollte?
Um diese Fragen zu klären, sind weitere Wochenendcons, aber auch Tagesveranstaltungen in Planung.
Fazit
Bei Godmorgon II handelte es sich um eine schöne kleine Veranstaltung zu einem vergleichsweise kostengünstigen Preis, die für Anfänger und Erfahrene gleichermaßen interessant war. Statt des typischen Abenteurer-Cons mit Wellen-NSCs und Banditenüberfällen setzte die Orga auf feste und liebevoll gestaltete NSC-Rollen, die keine bloßen Antagonisten waren, und einen Diplomatie- und Krimi-Plot. Obwohl die Orga nur sehr klein war, wurde einiges auf die Beine gestellt – das weckt Vorfreude auf die nächsten Veranstaltungen.
Text: Maike Brinkschulte
Bilder: Wannaib / Maike Brinkschulte
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de