Auf dem Jugendzeltplatz in Imsbach (in der schönen Pfalz) fand im Mai das Con Kydonien 5 – Der kydonische Gründungstag statt. Kydonien 5 war ein lockeres Ambiente-Con mit Vollverpflegung auf Wunsch, welches Neulingen einen guten Einstieg ins Live-Rollenspiel und etablierten Spielern ein angenehmes Setting für entspanntes Spiel bot.
In-time war der Anlass der Veranstaltung der Tag des Spiels – Dies Ludi, jener Tag, an welchem in einem fiktiven Land vor 1453 Jahren der spätere Kaiser Reginald I. den Bürgerkrieg von Kydon unblutig durch eine Partie Königsmord (ein Spiel ähnlich Schach) beendete. In Erinnerung an diesen Tag waren die Teilnehmer des Cons eingeladen, gemeinsam diesen Tag feierlich zu begehen und sich an zahlreichen Festlichkeiten und (selbstorganisierten) Spielen zu erfreuen. Das Spiel begann am Freitagabend nach den üblichen und erfreulich knappen Ansprachen mit kurzen Spaziergängen statt einer langwierigen in-time Anreise.
Es war noch hell, als die Gäste von ihren Spaziergängen zum Lager zurückkehrten. Viele von ihnen kannten einander bereits und tauschten eifrig aus, was sie in den vergangenen Monaten erlebt hatten. Die Knirpse der Magd waren endlich aus dem Pfandhaus ausgelöst und tollten zwischen den Zelten umher. Jene, die zum ersten Mal in Paressal waren, wurden schnell in die Gemeinschaft aufgenommen. Der Koch war bereits an seinen Feuern und Kesseln damit beschäftigt, einen würzigen Eintopf für die Gäste zuzubereiten. Für Aufsehen und Hektik sorgte jedoch das Erscheinen einer Botin aus der Hauptstadt Kydoniens, die auf ihrem Weg überfallen wurde, einen Teil ihres Gedächtnisses verloren und beunruhigende Neuigkeiten im Gepäck hatte.
Als die Sonne hinter den Baumwipfeln versank und das Tal in Dunkelheit tauchte, fanden sich alle im Festzelt zusammen, um gemeinsam zu speisen. Als die letzten Hungrigen eine zweite Portion des pfeffrigen Kartoffeleintopfes dampfend in ihren Schalen vor sich hatten, nutzte Herr Paric, der Verwalter von Paressal, die gefräßige Stille, den Meister der Zeremonie ins Zelt zu bitten. Andächtig lauschten Gastgeber und Gäste der traditionellen Erzählung, welche jedes Jahr am Dies Ludi vorgetragen wird. Die Gäste erfuhren von Reginald I.,der, trotz seiner übermächtigen Streitmacht davon absah, die aufständischen Bauern zu massakrieren, sie erfuhren vom Stolz Kydoniens, Konflikte ebenso mit dem Schild abwehren zu können wie mit dem Geist. Sie erfuhren von Roswart dem Noblen, der mit falscher Rede vom wahren Glauben die Herzen der Kydonier verdorben hatte. Oft erklang das „Vivat“, „Vivat Kydon“, „Vivat Reginald“.
Dem Vortrag schloss sich der rituelle Trunk der Bitterkräuter an, in Erinnerung an das Leid, welches die Verwundeten in jenem unseligen Bürgerkrieg bei ihrer Genesung erleiden mussten. Zum Ausgleich dieser Qual schloss sich eine zwanglose Feier an, kydonisches Helles und Sacra (Hochprozentiger Schwarzwurzelsaft) füllten zahlreiche Becher und Humpen. Zu unser aller Erstaunen und Freude holte einer der Gäste seine Pantam (Handpan, Blechklanginstrument) hervor und erfreute uns mit ihren sanften Klängen. Am Lagerfeuer klang der Abend aus.
Am nächsten Morgen widmeten sich alle Gäste und Gastgeber verschiedensten Spielen. Zahlreiche Spiele wurden von den Gästen selbst mitgebracht und erklärt, ganz wie es die Tradition des Tages vorsah. Besondere Aufmerksamkeit erlangten die Partien von Zianemas Drachengwint, ein Kartenspiel, vor allem bekannt in den fernen Drachenlanden, das den Wettstreit zweier Fraktionen friedvoll auf das Spielbrett überträgt. Jede der Karten zeigt einen anderen tapferen Streiter, dessen Fähigkeiten und geschickter Einsatz über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Parallel zu den Spielen wurde der für den Dies Ludi traditionelle saure Schlotz gereicht, in Erinnerung an die Not und die Entbehrungen, welche die aufständischen Bauern während der Belagerung zu erleiden hatten, als es nichts anderes mehr zu essen gab als eben jenen angesäuerten Brei aus Hafer, Wasser und Salz. Dies war den Gastgebern wichtig, da auf diese Weise allen in Kydonien einmal jährlich der Schrecken, den ein Bürgerkrieg verursachen kann, lebhaft vor Augen geführt wird. Zum großen Unglück des Kochs empfand einzig Herr Paric ein sichtbares Leiden dabei, seine Portion auszulöffeln, während alle anderen den Schlotz und die beigelegten Essiggurken mit Soleiern durchaus ansprechend fanden. Sicherlich ein schlechtes Omen.
So gestärkt begab sich ein großer Teil der Gäste auf Wanderschaft, hin zur Kronbuchenhütte, welche bei einer der ersten Expeditionen ins Hinterland der Provinz entdeckt wurde. Wie jedes Mal wurden die Besucher aufs Herzlichste empfangen und konnten Gastfreundschaft, Speis und Trank genießen. Da der Rückweg jedoch zur Erkundung der Umgebung genutzt wurde, verzögerte sich die Rückkehr. Niemand war darüber wirklich unglücklich, da der kühle Wald Schatten spendete, während die im Lager Zurückgebliebenen in der Hitze der Mittagssonne und der Feuerstellen brieten.
Nachdem sich die Rückkehrer von den Strapazen der Wanderung erholt hatten, übten sie mit einigen kampfgestählten Veteranen unweit des Lagers den zielführenden Umgang mit allerlei Waffen. Schwert, Axt und Hammer wurden kräftig geschwungen, sodass zumindest Hoffnung bestand, möglicherweise herannahende Feinde mit dem spitzen Ende der Waffe zu durchbohren. Um den Erschöpften neue Kräfte zu verleihen, wurde ein besonderer Leckerbissen gereicht: Die zartgekochte Zunge vom Ochsen, in feine Scheiben geschnitten, wurde allen im Lager angeboten und zerging jenen, die kosten wollten, wortwörtlich am Gaumen.
Nachdem die Klingenmeister mit ihren Schülern zufrieden waren, erfolgte eine Einweisung in die Kunst des Fernkampfes mit Armbrust und Bogen. War zunächst ein 30 Schritt entfernter Helm am Stecken das Ziel, wurden Schützen und Zuschauer zunehmend übermütig, bis unter großem Gejohle der Menge Kunstschüsse vorgeführt wurden. Den krönenden Abschluss bildete der Becherschuss, bei welchem besagter Becher vom behelmten Haupt einer unerschrockenen Freiwilligen zu schießen war. Selbst Herr Paric fand Gelegenheit, sich von den Aufgaben der Verwaltung zu lösen und diesem Wettbewerb beizuwohnen.
Tatsächlich gelang es einem der Schützen, den Becher vom Helm der Unerschrockenen zu nehmen, woraufhin Herr Paric jenen Kaleb zum Sieger kürte. Eine Ehre, die er im nächsten Jahr verteidigen kann. Während Bolzen und Pfeile noch die Luft zerschnitten, wurden auf den Feuern schon die Speisen des Abends gegart. Bald darauf füllten Käsespätzle die Kessel in Paressal, was bei Groß und Klein zu großer Zufriedenheit führte.
Bei mildem Wetter sammelte sich alles Volk zur blauen Stunde um das große Lagerfeuer, um einander bei verschiedensten Getränken mit Heldengeschichten zu erfreuen. Erneut erklang die Pantam, zur Freude unser aller Ohren und Herzen. Lange noch saßen wir am Feuer, beobachteten die Flammen, berichteten von vergangenen Heldentaten und frönten dem blauen Dunst der Wasserpfeifen und dem Sacra gleichermaßen.
So endete der Dies Ludi des 1453. Jahres p.L.
Text: Christian Walter
Bilder: Von Teilnehmerinnen & Teilnehmern zur Verfügung gestellt
Habt ihr Lust, am nächsten Con der Orga teilzunehmen?
Diese findet das nächste Mal vom 2. bis 4.5.2025 statt. Weitere Infos könnt ihr unter Kydonienofficial@gmx.net erfragen.
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de