Das Wirken von Magie im LARP erfordert von Spielern wie NSCs ein hohes Maß an Phantasie und schauspielerischem Geschick. Die Auswirkungen der LARP-Zauberei sind in der realen Welt weder sichtbar noch fühlbar, so dass sowohl vom Zaubernden als auch vom Bezauberten der Einsatz schauspielerischer Elemente gefordert wird. Nur durch Gestik, Körpersprache und Wort lässt sich vermitteln, welche Art von Magie gewirkt wurde und wer von ihr betroffen ist. Während in einem Kampf mit LARP-Waffen zwar keine Wunde geschlagen wird, aber dennoch jeder Treffer einer Waffe deutlich wahrgenommen werden kann, bleibt für das Wirken von Magie nur die Stimme des Magiers und seine Körpersprache, um dem Opfer des Zaubers die Wirkung desselben zu verdeutlichen und eine angemessene Reaktion auszulösen. Nicht umsonst sollten Zauber im LARP darum stets mit lauter Stimme und großer Gestik gewirkt werden.
Meist steht dabei der gemeine NSC dem Zaubernden gegenüber und wird von Magie getroffen, deren Wirkungen er nun angemessen ausspielen muss. Doch was sich als Prinzip so einfach formulieren lässt, stößt in der Realität einer Schlacht schnell an seine Grenzen.
Wie soll ein NSC reagieren, wenn er im Kampfgetümmel zwar mitbekommen hat, dass er bezaubert wurde, das Schlüsselwort des Zaubers aber im Lärm untergegangen ist? Wie reagiert er, wenn er plötzlich von der Wurfkomponente eines Zaubers getroffen wurde, diese aber nicht mehr einem Zauber zuordnen kann? Wie reagiert der NSC gar, wenn er zwar alles verstanden hat, der Zauber und seine Wirkung ihm aber einfach unbekannt sind? Und wie, wenn er einmal einen feuerresistenten Golem, ein anderes Mal eine schnell in Flammen aufgehende eingetrocknete Mumie spielt?
Eine Patentlösung auf diese Fragen gibt es nicht, hängt die Wahl einer geeigneten Reaktion doch entscheidend von der jeweiligen Spielsituation, dem Ambiente und der eigenen Figur ab. Zwar sollte jeder Reaktion das Grundprinzip: „Zeige stets eine Wirkung“ zu Grunde liegen, aber diese darf nicht nur darin bestehen, stereotyp wie von einem Pfeil getroffen einen Schritt zurückzuwanken und zu stöhnen. Gerade bei Zaubern, die das Gegenüber weit zurücktreiben sollen, wie zum Beispiel „Windstoß“ oder „Angst“, wäre eine solche Reaktion für den zaubernden Magier eine erhebliche Enttäuschung.
Was also kann ein NSC tun, um sein eigenes Spiel zu bereichern und in schwierigen Situationen durch schönes Spiel zu überzeugen?
Auch wenn ein NSC in vielen Situationen eine akzeptable Reaktion improvisieren kann, ist es im Sinne guten und regelnahen Rollenspiels wichtig, dass er sich vor einem Con zumindest mit den gebräuchlichen und eine zügige Reaktion erzwingenden Kampfzaubern des jeweiligen Regelsystems vertraut macht. Nur so kann er in den meist schnellen und unübersichtlichen Kampfsituationen angemessen und sicher auf einen Zauber reagieren.
Bei der Vielfalt der Regelsysteme und der möglichen Zauber kann allerdings kein Spieler erwarten, dass NSCs alle Zauber im Detail auswendig kennen und jeweils gemäß Regelbuch reagieren. In vielen Fällen wird ein NSC allein anhand des Schlüsselwortes eines Zaubers eine Reaktion improvisieren müssen. Und solange er das Schlüsselwort verstanden hat, sollte ihm das durchaus gelingen. So kann der mit einem „Stolpern“ bezauberte Räuber zwar nur raten, welche Nebenwirkungen sich noch hinter dem Zauber verbergen, aber dass er sich besser mal sofort gespielt auf die Nase legt, dürfte selbstverständlich sein.
Das Ausspielen der Wirkung von Magie darf ein NSC ruhig ein wenig kreativ gestalten und muss nicht jedes Mal wortgenau gemäß Regelbuch reagieren. Wo ein Windstoß einen Untoten sicher zehn Schritte zurückbefördert und gegen eine Wand nagelt, lässt dieser einen massigen Golem vielleicht nur zwei bis drei Schritte zurückweichen. Wo den einen ein „Angst“-Zauber schreiend Reißaus nehmen lässt, wirft der andere sich wimmernd zu Boden, unfähig, noch irgendeine sinnvolle Aktion zu unternehmen. Solange der Sinn eines Zaubers nicht verdreht wird und der NSC sich keinen unfairen Vorteil erschleicht, bringen solche Variationen viel Farbe und Abwechslung ins Spiel. Es liegt also am Spielwitz des Einzelnen, wie er auf einen Zauber reagiert – reagieren allerdings sollte er immer.
Doch was tun, wenn einem ein gesprochener Zauber partout nichts sagt oder man gar das Schlüsselwort nicht mitbekommen hat?
Für den Fall, dass es sich um einen Zauber handelt, der nicht nur eine einzelne Person, sondern mehrere NSCs gleichzeitig trifft, ist es hilfreich, sich an den Reaktionen der Mit-NSCs zu orientieren und diese einfach zu kopieren. So kann ein Räuber, der zwar nicht genau weiß, was der Zauber „Terror“ bewirkt, schnell aus seinen angstvoll weglaufenden Mit-NSCs schließen, dass hier wohl Weglaufen die angemessene Reaktion darstellt. Dabei kann man zwar mächtig falsch liegen, aber zumindest reagieren dann alle NSCs in dieser Situation geschlossen falsch.
Für den Fall, dass die Magie weder in einer zeit- oder plotkritischen Situation gewirkt wurde noch die Aufmerksamkeit aller Spieler an einem hängt, ist ein Nachfragen durchaus eine Möglichkeit. Nur selten nimmt ein Spieler es krumm, wenn ein unwissender NSC durch seine Körpersprache zu erkennen gibt, dass er gerne auf einen Zauber reagieren würde, allerdings nicht weiß, wie. Wenn der Spieler dann noch geschickt weiter improvisiert und stimmgewaltig die Wirkung des Zaubers von seinem Gegner einfordert: „wisperwisperwisper … VERSTRICKEN!! … Mögen Deine Füße am Boden kleben bleiben und mit selbigem verwachsen“, hebt eine solche Situation sogar das Ambiente und den Spielspaß.
So geschehen bei einem der in der LARP-Welt häufig auftretenden Untotenangriffe: Eine Magierin wurde zusammen mit ihrer Wache von zwei sich dahinschleppenden Untoten überrascht. Kurz entschlossen wurde ein Zauber, den man noch nicht recht beherrschte, an den beiden langsam daherstapfenden Wesen ausprobiert und – wie sollte es anders sein – teilweise verpatzt. Leider hatten die beiden Untoten daraufhin nicht den blassesten Schimmer, was sie denn getroffen hatte. Sie sahen sich gegenseitig verdutzt an, zuckten entschuldigend die Schulter und machten ein dummes Gesicht.
Daraufhin beschrieb die Magierin kurz die Wirkung des verpatzten Zaubers mit einem: „Dein Arm fällt ab“, und schon ging der Spaß weiter. Am Ende stand jene Magierin kraft- und erfolglos zwei von fast allen Gliedmaßen befreiten Untoten gegenüber, bevor sie schließlich mit einem lapidaren: „Macht sie weg!“ aufgab. Für die Magierin und die NSCs war dies einer der erzählenswerten und sehr stimmungsvollen Situationen dieses Cons, die ohne das Nachfragen der NSCs so nie zustande gekommen wäre.
Doch was, wenn einem auch dieser Ausweg versperrt ist? Dann bleibt selbst dem kreativsten NSC nur, sich in eine Standardreaktion zu retten, wie unpassend diese im Einzelfall auch ausfallen mag. Viele NSCs praktizieren in einer solchen Situation das stöhnende Zurücktaumeln. Geeignet ist prinzipiell auch jede andere für das gespielte Wesen typische Reaktion, wie ein Angstschrei und panische Flucht oder ähnliches.
Dies mag zwar bei Sprüchen wie „Verwurzeln“ oder „Versteinern“ zu einigen fragenden bis schwer beunruhigten Gesichtern unter den Spielern führen, wenn nicht gar zu heftigen Diskussionen über das Wesen der Magie im bespielten Landstrich. Aber das soll dann nicht mehr das Problem des NSCs sein, sondern der SL, die das Ganze sicher wieder gerade biegen wird.
Text: Patrick Kandel
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de