Halb elf, mein Freund Moritz und ich stiefeln mit gemischten Gefühlen vom Parkplatz zur RPC, um uns nach wenigen Jahren Pause mal wieder ins bunte Spektakel zu stürzen. Bereits die Kostümregeln haben uns ein vorfreudiges Schmunzeln auf die Lippen gezaubert, während wir über eine Gesamtflügelspannweite von 4 Metern in ausklappbarem Zustand sinnierten. Auch in der Taschenkontrolle freuten wir uns über die typischen Probleme, denen sich die Security eines hoch ungefährlich bewaffneten Publikums so stellen muss: So sahen wir begeistert dabei zu, wie sich dann auch der dritte Deadpool der Warteschlange nach und nach all seiner Waffen entledigen musste, die dann im Zusammenschluss mehrerer Sicherheitsleute auf ihre Ungefährlichkeit untersucht wurden. Dennoch mussten wir keine zehn Minuten warten, um die heiligen Hallen betreten zu dürfen, in denen wir von der ureigenen Atmosphäre einer großen Rollenspiel-Con begrüßt wurden.
Links, rechts, geradeaus, du willst hier nicht mehr raus!
Selbstverständlich führte unser erster Weg zum Stand von Zauberwelten-Online, wo wir am Nachmittag unsere Seelen für ein paar Stunden in die Hände von Chefredakteurin Annette Juretzki legen würden, um Werbung für unser liebgewonnenes Online-Portal zu machen. Nachdem wir uns mit unseren „Messesklaven“-Schildchen versorgt hatten, durften wir aber noch ein paar Stunden die Freiheit schnuppern und begannen unsere Tour.
Neben großen Arealen für Lasergames und mittelalterlichen Schwertkampf sowie eleganten Gruppentänzen fielen besonders die Aufbauten der Endzeit-Gruppen auf, die mit viel Aufwand und Liebe zum Detail für das ein oder andere „Oooooh“ sorgten. Auch die Star-Wars-Fans waren mit zahlreichen Cosplay und/oder LARP-Gruppen bestens versorgt, wobei es eine deutliche Überzahl an Sturmtrupplern gab, die vermuten ließen, dass die Balance der Macht auf der RPC klar definiert war. Unterstrichen wurde diese Vermutung übrigens noch durch das Auftreten gleich mehrerer Darth Vaders, die schwer atmend durch die Hallen flanierten.
Auf der Flucht vor dem Imperium stürzten wir uns kopfüber in den Bereich der Ghostbusters, um unter nicht-gekreuzten Strahlen Zuflucht zu finden. Okay, wir hätten misstrauisch werden müssen, als uns ein etwas infernalisch grinsender Geisterjäger der Ghostbusters German Division mit einladender Geste auf die Stühle vor einer seltsam anmutenden Gerätschaft bat. Aber sitzen schien so verführerisch und im Nacken spürten wir immer noch den keuchenden Atem des einen (oder anderen) Darth Vaders. Also nahmen wir folgsam Platz und streiften uns die verkabelten Schweißbänder über, ganz wie befohlen. Nach einer knappen Erklärung wussten wir dann auch, dass wir nun auf Herz und Nieren auf unsere Psy-Kräfte getestet würden. Anhand von Karten sollten wir erraten, welches Symbol der Geisterjäger gerade verdeckt vor unseren Nasen hochgehalten wurde. Falsche Antworten wurden über das Schweißband mit „schmerzhaften“ Stromschlägen bestraft, was die Motivation, richtig zu antworten, extrem steigerte. Das Ergebnis? Na ja, sagen wir mal, wir müssen uns vor Geisterjägern mal so überhaupt gar nicht fürchten, scheinen aber eine etwas masochistische Ader zu Stromschlägen zu haben. Nachdem wir – wie vom LARP gewöhnt – die Aufmerksamkeit der Umstehenden durch lautstark ausgespielte Stromschläge auf den Psy-Test gelegt hatten, verkrümelten wir uns schnell wieder im Getümmel.
Von Orks, Predatoren und liebreizenden Prinzessinnen
Verschnaufpausen gab es allerdings kaum, denn schon der nächste Schritt führte uns in die Fänge des Predators Ricky Glogo, Mitglied des Predator Clan Germany, der uns mit weit geöffneten Beißwerkzeugen zischend anfauchte. Allen Aliengöttern sei Dank ließ er sich aber mit einem Foto von einem drohenden Angriff abhalten und bevor er uns doch noch fressen konnte, warf sich auch schon eine Assistentin dazwischen, um uns mit Visitenkarten und Informationen über das Predator-Cosplay zu versorgen.
Einen kurzen Moment gönnten wir uns, um den berühmten K.I.T.T. zu bestaunen, der mit seiner computergenerierten Stimme gerade seine Liebe zu einer KI-gesteuerten Dame verkündete, mit der er sich in stundenlangen Gesprächen á la Conversational UI zu verlieren plante. Wir bedauerten zutiefst, dass Alexa nicht schon zwei, drei Jahrzehnte zuvor erfunden wurde, denn immerhin hätte diese K.I.T.T.s Bedürfnisse in jeglicher Hinsicht befriedigen können. Auch die umstehenden Mädels durften sich über eine kleine Flirtanmache des schicken Trans Ams erfreuen. Als dieser jedoch anfing „I am looking for freedom“ zu trällern, schien der perfekte Augenblick für eine übereilte Flucht gekommen zu sein.
Glücklicherweise stand hinter uns auch gerade eine kleine Gruppe an liebreizenden Prinzessinnen bereit, die ebenfalls wie wir nach nahender Rettung Ausschau hielten, sodass wir uns einfach in ihren doch recht maskulin anmutenden Windschatten hängen konnten. An der Abzweigung zum Außenbereich verließen wir diesen, um uns den Mittelaltermarkt anzusehen, auf dem sich bereits zahlreiche Blutelfen, Barbaren, Orks und sogar ein Spartaner tummelten. Letzterer hielt gerade eine feurige Rede vor einem Dreijährigen, dessen Eis nach Aussagen des griechischen Elitekämpfers aufgrund der Größe durchaus dazu geeignet sei, seine ganze Kampfgemeinschaft aus 299 weiteren Spartanern zu sättigen. Der Dreijährige guckte zwar ein wenig bedröppselt rein, aber nachdem er sicher sein konnte, dass die 300 jetzt nicht gerade einen Angriff auf seine Leckerei starten würden, entschloss er sich, Krieg einfach Krieg sein zu lassen und sich wieder dem Rieseneis zu widmen.
Immer noch angestachelt von der spartianischen Motivationsrede verspürten auch wir einen extremen Drang, süßes Zuckerzeug zu verspeisen, und schlenderten durch das üppige Angebot an Futterständen, die nur von Händlern und Jugger-Spielern unterbrochen wurden. Bewaffnet mit einem Eiskaffee lauschten wir noch der Soundprobe von Irdorath, bevor wir uns wieder in die etwas kühleren Hallen zurückzogen.
Neues Futter für die Ratten!
Während Moritz sich den Crafting- und Miniaturbereichen widmete, konnte ich natürlich nicht an den Verlagsständen vorbeigehen, die essentielles Futter für Leseratten und Bücherwürmer bereithielten. So durfte ich ein paar Worte mit den beiden Märchenspinnerinnen Julia Maar und Christina Löw wechseln. Letztere feierte zudem am Sonntag den Release des neusten Märchenspinnereien-Werks Träume voller Schatten (Rezension folgt).
Auch am Stand des Chaospony Verlags hielt ich mich lang und gerne auf, um mit Verlegerin Sandra über die neusten Werke und Erfolge auf der Leipziger Buchmesse zu plaudern. Dort traf ich auch auf Nicolas von Szadkowski, den ich zwar von der ein oder anderen Con schon kannte, jetzt aber nochmal als Autoren unter die Lupe nehmen durfte. Auch sein Werk Die Legende der Weber durfte ich als Rezensionsexemplar in den Beutesack stecken, sodass ihr bald mehr darüber lesen könnt. Auch an all den anderen Verlagen ging ich ein wenig sabbernd vorbei und bestaunte die künstlerischen Werke der Illustratoren, bevor Moritz mich wieder einsammelte. Von den vielen Büchern an unsere gemütliche Couch erinnert, traten auch die Schmerzen in den Füßen vom langen Laufen und Stehen plötzlich deutlich in den Vordergrund und stupsten uns mit mahnendem Finger direkt ins Auge, um an die Heimfahrt zu erinnern.
Natürlich sei noch erwähnt, dass auch unser dreistündiges Messesklaven-Dasein für Zauberwelten-Online viel Spaß gemacht hat, auch wenn es maßgeblich für die schmerzenden Füße verantwortlich war. Dennoch hat es viel Freude gemacht, mit den Besuchern über unsere Webseite zu plaudern und an die Kostüme der Vorbeigehenden angepasste, aber etwas aus den Haaren gezogene Werbesprüche zu sinnieren und auszuprobieren. Besonders gefreut hat mich auch das Wieder- oder Erstmalssehen der ZWO-Gesichter, die man sonst nur von den digitalen Weiten kennt und jetzt ganz echt und in Farbe anquatschen konnte.
Das Fazit einer RPC
Die RPC 2018 hat mir mal wieder richtig gut gefallen. Es wurden nahezu alle Bereiche bedient, die wir Fantasy-Begeisterten so zum Überleben brauchen. Für Leib und Wohl wurde gesorgt, es konnten Spiele im digitalen und „analogen“ Bereiche ausprobiert und erworben werden, auch das Entertainment war gewohnt spaßig. Die Kostümierten waren immer bereit, für Fotos stehenzubleiben oder lustigen Firlefanz mit ihren Kollegen oder „zivilen“ Besuchern zu machen und es gab einiges zu bestaunen. Ein wenig gefehlt haben mir die klassischen LARPer, die sich aber vielleicht auch nur gerade auf einer Con zwischen Rätseln und Kämpfen befanden und daher keine Zeit für die RPC hatten. Aber von Mägden, klassischen Rittern oder Edelleuten fehlte doch deutlich die Spur. Ansonsten hatten wir viel Spaß, einen kleinen Ausflug in unsere Kindheit und Jugend und einen guten Einblick in Things to Come.
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de