Acht Freunde gründeten im März 2003 den Verein Der Schildbrecher e.V. Ihre Idee: Gemeinsam mehr erreichen. Zehn Jahre später existiert der Verein immer noch und kann nicht nur auf 20 aktive Mitglieder verweisen, sondern auch auf einen großen Fundus zurückgreifen. Tara Moritzen sprach für die LARPzeit mit Johannes Liebl über die Herausforderungen als Veranstalter und die Anforderungen an sich selbst, den Veranstaltungsort und die Teilnehmer.
LARPzeit: Wann habt Ihr begonnen, eigene Cons zu veranstalten? Warst Du von Anfang dabei?
Johannes Liebl: Von Anfang an hat der Verein kleine Ein-Tages-LARPies veranstaltet, mal als Sommerfest, mal als Wander-Con. Diese waren zunächst nur für den Verein und Freunde bestimmt. Dadurch bin ich selbst damals zum Schildbrecher gestoßen. Ich bin seit 2004 dabei. Unser Vereinsheim mit Lager, Werkstatt und der Möglichkeit vor der eigenen Haustür Live-Rollenspiele zu veranstalten, hat uns dann natürlich einen enormen Schub gegeben. Seit vielen Jahren gehören nun ein Sommer- und ein Winterfest zum Vereinsleben. Dazu kommen immer wieder größere Cons. Zehn der 20 Vereinsmitglieder sind heute, je nach Größe des Cons, in wechselnder Zusammensetzung als Orga und SL tätig. Das sind zum einen relativ viele Leute, wodurch die Aufgaben verteilt werden können. Zum anderen ist dieser harte Kern auch out-time gut befreundet und trifft sich regelmäßig auch außerhalb des LARPs, was natürlich sehr dabei hilft, Belastungsproben wie das Organisieren eines großen Cons gut zu überstehen. Generell ziehen in unserem Verein, wenn es darauf ankommt, alle an einem Strang. Das erklärt vielleicht auch, warum fünf der acht Gründungsmitglieder noch immer aktiv mit dabei sind.
LARPzeit: Muss man im Verein Mitglied sein, um bei der Organisation und Durchführung zu helfen? Und was muss man mitbringen?
Johannes: Generell ist Hilfe immer gerne gesehen. Wenn jemand bei unseren Veranstaltungen mitmachen will, muss er hinter dem Projekt stehen und zuverlässig sein. Wir hatten schon mehrmals Helfer in verantwortungsvollen Aufgaben, die keine Vereinsmitglieder waren. Natürlich sollten wir uns vor gemeinsamen Veranstaltungen erstmal kennenlernen. Das kann auf Cons oder auch auf unserem Vereinstreffen passieren. Das findet ziemlich regelmäßig einmal im Monat statt. Ort und Zeit sind in unserem Forum zu finden.
LZ: Was macht Eure Spiele aus? Und was können neue Spieler von Euch erwarten?
Johannes: Was uns von einigen anderen Vereinen unterscheidet, ist unsere Keine-halben-Sachen-Mentalität. Wenn wir ein Projekt starten, dann mit voller Energie. Für unser letztes Con haben wir zum Beispiel eine alte Holzhütte komplett abgebaut und zu einer zerlegbaren Kapelle umfunktioniert, um vor Ort im Spiel ein würdiges Zentrum des Glaubens darstellen zu können. Dungeons gab es zwei verschiedene.
Außerdem sind wir mit mehreren Großzelten, Taverne und Badezuber angerückt. Generell legen wir viel Wert auf Ambiente und kleine Details. Dass bei großen Cons wenigstens die NSCs, bei in-time Tagen alle Teilnehmer von uns bekocht werden, gehört bei uns zum guten Stil. Bei unseren LARPies sind auch die Getränke inklusive, weil man ohne lästiges Tavernenkarten-Abzeichnen oder Kantholz-Raspeln unserer Meinung nach einfach besser im Spiel bleibt. Was also können neue Spieler von uns erwarten: bodenständiges Live-Rollenspiel und großen Einsatz von Orga und SL. Unser Ziel ist es, dass jeder auf seine Kosten kommt. Bisher haben wir auch durchweg sehr gutes Feedback für unsere Cons bekommen. Neuen Spielern können wir Starthilfe geben – sowohl beratend als auch mit Unterstützung bei der Ausrüstung.
LZ: Auf welche Art habt Ihr in Eurer Anfangszeit organisiert, und wo liegt der Unterschied zu heutigen Cons?
Johannes: Die ersten eigenen Veranstaltungen waren natürlich improvisierter. Man hatte nicht viel eigene Ausrüstung und wenig Geld. Einige Mitglieder waren zwar schon länger LARPer, trotzdem war beim Selbermachen dann alles neu. Über die Jahre ist durch viele Veranstaltungen und großen (körperlichen und geistigen) Einsatz einzelner Mitglieder der Vereinsfundus stark angewachsen. Außerdem können wir auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Ein Tipp zum Beispiel für andere Orgas, die ihre Teilnehmer auch mit Essen und Getränken versorgen wollen: Wir führen seit Jahren eine Kartei, in der wir Teilnehmerzahl, was und wie viel wir gekocht haben, was es an Getränken gab und wie viel übriggeblieben ist, detailliert auflisten. Das hilft bei der Planung für das nächste Mal.
LZ: Gibt es Plot und wie ist dieser gestrickt?
Johannes: Vom Grundtenor kann man sagen, dass wir kampf lastige Cons veranstalten, bei denen eben meist keine Oberdämonen auftauchen. Auch ein abergläubischer Bauernmob kann für eine kleinere Spielergruppe unter Umständen eine reale Bedrohung darstellen. Seit 2005 bespielen wir die Zwillingsmark im Westen der Südlande.
Diese Kampagne hat ursprünglich als unsere damalige Spielergruppe begonnen, sich aber dann schnell ausgeweitet und dient nun als Hintergrund für unsere Cons. Das hat zum einen den Vorteil, dass es einen großen Fundus an Ausrüstung, Wissen, Liedern und Gebeten gibt, die viele Leute schon kennen. Zum anderen kann man – da auch einige unserer Charaktere noch lebendig sind – diese auch auf auswärtigen Cons antreffen, was dem Land zusätzlich Leben verleiht. Gerne bauen wir auch spielereigene Plotstränge in unsere Geschichte mit ein. Das bereichert das Spiel ungemein.
LZ: Seid Ihr ein Mitglied von Verbänden oder Kampagnen?
Johannes: Wir sind stolze Mitglieder der Südlande-Kampagne. Mit vielen anderen Gruppen dort verbindet uns eine langjährige Freundschaft.
LZ: Spielt Ihr nach einem Regelwerk?
Johannes: Schönes Darstellen ist uns sehr wichtig. Alles, was passiert, sollte auch entsprechend sichtbar sein. Daher ist uns im Spiel auch Ausspielen wichtiger als Punktezählen. Die Magier brauchen einen gewissen Rahmen – allein damit man sich untereinander versteht –, aber ansonsten sind wir Befürworter des DKWDDK mit, wie gesagt, der Emphase, dass dann auch alles dargestellt werden muss.
LZ: Organisiert Ihr LARPs für Ruhm und Reichtum? Finanziert Ihr damit Euren Gruppenfundus und Tavernenabende?
Johannes: Unser Verein finanziert sich über Mitgliederbeiträge und hin und wieder Auftritte, zum Beispiel als Feuerkünstler. Wenn wir doch einmal eine Großanschaffung planen, machen wir das nicht auf Kosten der Con-Teilnehmer. Dann müssen andere Ideen her. Wir wollten zum Beispiel vor etwa zweieinhalb Jahren für unseren Vereinsanhänger einen individuellen Aufbau mit bedruckter Plane. Den konnten wir uns alleine nicht leisten. Die Idee kam auf, Werbung für Live-Rollenspiel- Läden direkt bei der Zielgruppe anzubieten. Ein Jahr des persönlichen Sprechens mit LARP-Händlern, des Nachtelefonierens, und des E-Mail-Schreibens später waren die Teilnehmer und Bedingungen klar. Unsere individuelle Anhängerplane konnte gedruckt werden. Und seitdem fahren wir nun, egal wo wir hinkommen, Werbung für elf Live-Rollenspiel-Läden und natürlich für uns selbst.
LZ: Wie wichtig ist Euch die Wahl eines Veranstaltungsortes?
Johannes: Nachdem uns das Ambiente sehr am Herzen liegt, sollte der Ort so abgeschieden sein, dass man im Spiel nicht gestört wird. Auch die Umgegend sollte miteinbezogen werden können. Lange in-time Anreisen sind sehr stimmungsvoll und bieten auch die ideale Gelegenheit, um in der LARP-Welt anzukommen.
Sehr schöne Erfahrungen haben wir auch mit Wander-LARPies gemacht, die für die Orga und SL natürlich eine besondere Herausforderung darstellen. Mit zunehmendem Alter kommt man auch nicht umhin, einen gewissen Luxus in Form von funktionstüchtigen, sauberen sanitären Anlagen für die eigenen Cons als Bedingung zu sehen.
Nicht nur der Ort, auch die Zeit ist wichtig. Während sich aus logistischen Gründen der Sommer natürlich für große Cons anbietet, ist unser Weihnachtsfest seit Jahren eine meiner persönlichen Lieblingsveranstaltungen. Dieses Con nutzen wir auch dazu, allen Vereinsmitgliedern und unseren langjährigen Freunden und Mitstreitern zu danken. Es gibt für jeden ein kleines Geschenk, das natürlich in die Geschichte eingebaut ist, dann wird in der Kälte gekämpft und geplottet. Dazu kommt ein Festmahl und für alle Interessenten die Reinigung im Badezuber.
LZ: Viele Orgas setzen auf Musik, Licht und Pyro-Technik. Gibt es dies auch bei Euch?
Johannes: Ein paar kleine Licht- und Soundeffekte dürfen natürlich nicht fehlen. Gerade in Dungeons ist so etwas sehr stimmungsvoll. Ein Mitglied der Orga ist Pyrotechniker, seine Dienste haben wir schon oft verwendet. Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass man gerade mit natürlichen Dingen die schönsten Effekte kreieren kann. Der Schmied unserer Orga hat zum Beispiel mehrere großflammige Öllampen gebaut, die den Dorfplatz einer Zeltstadt mit Feuerschein erhellen können. Auf unserem letzten Con haben zwei der NSCs eine riesige Trommel mitgebracht.
Während der gesamten Endschlacht, als Welle um Welle Orks auf die Spieler einstürzten, war das düstere Trommeln aus dem finsteren Wald zu hören. Das dauerhaft bedrohliche Gefühl für die Spieler, bis die Trommel nach dem letzten Ork endlich verstummte, war förmlich greifbar. Das hätte kein Musikeffekt der Welt auch nur annähernd so gut hinbekommen.
LZ: Ab welchem Alter kann man an den Spielen teilnehmen?
Johannes: Generell sind unsere Spiele ab 18 Jahren. Das hat zum einen rechtliche Gründe, zum anderen fließt in einigen Szenen auch ganz schön viel Kunstblut. In Ausnahmefällen lassen wir auch mit uns reden. Wir hatten auch schon öfters 16-Jährige mit einer Aufsichtsperson dabei. Unsere eigenen Kinder dürfen natürlich auch mitkommen. Da können sowohl die Eltern als auch restliche Vereinsmitglieder, die die Kinder gut kennen, alle Situationen entsprechend steuern. Ihr würdet nicht glauben, was Spieler einem netten Kinderork, der Handel treibt, alles abkaufen …
LZ: Was wünscht Ihr Euch von Euren Teilnehmern?
Johannes: Einfache Sache: viel Liebe zum Ambiente. Das Plastik-Gedöns und die Bierflaschen hat jeder dabei, aber sie müssen ja nicht sichtbar sein. Darstellen von Handlungen: Ein konventioneller Heiler, bei dem Blut fließt, der Knochen einrenkt und Wunden näht, bietet oft schöneres Spiel als ein Magier. Andererseits kann ein Magier, der schön zaubert und vielleicht sogar Komponenten dabei hat, unglaublich bereichernd für das Spiel sein. Und natürlich wünschen wir uns das, was sich jede Orga wünscht: Spieler und NSCs, die gut ausspielen. Wer lieber einmal zuviel umfällt, bietet Mitspielern und Heilern Möglichkeiten und alle haben mehr Spaß daran. Und deshalb machen wir ja schließlich alle Live-Rollenspiel – um miteinander Spaß zu haben!
LZ: Wie sehen Eure Pläne für die nahe Zukunft aus?
Johannes: Unsere Zwillingsmark-Kampagne hat mit dem letzten Con ihren Höhepunkt erreicht. Der Orkkrieg ist vorbei, es kann Frieden geben. Für uns heißt das, wir können umdenken und uns mit unserem Landstrich in neue Gefilde wagen. Das bietet sowohl in- als auch out-time viele Möglichkeiten. Auf jeden Fall werden wir auch weiterhin Cons veranstalten und natürlich selbst mit unserer Söldnergruppe – den Eisenhunden auf Cons fahren. Die nächsten zehn Jahre für den Schildbrecher können kommen!
Text: Tara Moritzen
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de