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Larp in den Ferien

Jugendförderung mit Polsterwaffe

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Kategorie: Konzepte News/Blog Veranstaltungen

Fünf Tage lang sitzt im Jugend- und Kulturzentrum Mörfelden-Walldorf, nicht weit vom Frankfurter Flughafen, eine Truppe aus Waldläufern, Magiern und Holzfällern über Rätseln, sucht Monster im Gebüsch und erkundet einen Dungeon aus Pavillons und zusammengerückten Möbeln. Das Con hat ein ungewöhnlich gutes Verhältnis von SCs zu NSCs: sieben zu neun. Außerdem sind alle Beteiligten zwischen zehn und zwanzig Jahren alt, denn es handelt sich um einen Ferien-Larp-Workshop.

Die Veranstalter, Chris und Carme, sind selbst früher in das Jugendzentrum gegangen und haben als Erwachsene dort Kurse betreut, bis sie etwas anderes machen wollten, als nur zu basteln. Beide larpen und irgendwie war es naheliegend, das Hobby für Kinder und Jugendliche anzubieten. Inzwischen findet der Ferien-Larp-Workshop zum sechsten Mal statt, und es gibt eine zwischendurch laufende AG. Viele der Kinder kommen immer wieder dazu, entwickeln ihre Charaktere weiter und bringen inzwischen auch eigene Gewandung und Ausrüstung mit. Die ersten wollen, inzwischen alt genug, ab der nächsten Saison ganz regulär auf Cons fahren.

Wer ganz neu dabei ist, wird von allen mit eingebunden und kann sich Gewandung aus dem Fundus leihen, der dank Einkauf von B-Ware, alten Fundus-Teilen und Spenden von Ausstattern inzwischen eine erstaunliche Bandbreite entwickelt hat. Außerdem starten die Ferien-Larp-Workshops mit anderthalb Tagen Vorbesprechung und etwas Bastelei. Während Charaktere ausgedacht und das Prinzip Larp generell erklärt wird, entstehen kleine Ausrüstungsgegenstände oder auch mal ein ganzes Heilerbesteck.

Die restliche Zeit wird Plot bespielt. Unter strengeren Corona-Auflagen bestand der schon einmal daraus, in einem Endzeit-Setting draußen auf Monster zu schießen, aber inzwischen wird auch wieder drinnen gespielt.

Dieses Mal wurde das Zentrum zu einem guten Teil in ein gruseliges Anwesen verwandelt, in dem eine tote Nekromantin versuchte, zu einer mächtigen Untoten zu werden. Zwei Pavillons, Möbel und Deko stellten einen Keller-Dungeon dar, und sogar ein kopfloser Reiter wurde besiegt. Das klingt nach einem Plot, der in dieser Art auf einem Larp für Erwachsene laufen könnte, und die Kinder spielen allesamt erwachsene Charaktere. Im Spiel sind sie ausgewachsene Helden, die sich entsprechenden Herausforderungen stellen. Die Anpassung an das Alter der SCs besteht nicht in einem kindgerechten, harmlosen Plot, sondern in größerer Hilfestellung bei Rätseln und einer täglichen Feedbackrunde, um Erfahrungen aufzuarbeiten und festzuhalten, wie weit man gekommen ist. Außerdem gibt es ein Safeword, um im Notfall abzubrechen, und es sind natürlich immer Erwachsene anwesend, um eingreifen und helfen zu können.

 

 

Das Konzept kommt gut an. Die Kinder und Jugendlichen sind immer konzentriert dabei und tief in der Spielwelt versunken. Die erfahreneren SCs helfen etwas, aber generell können sich die Teilnehmenden fallen lassen und bei improvisierten Dungeons im Versammlungsraum des Zentrums volle Immersion erreichen. Als es losging und die Truppe sich aufmachte, um von bestimmten Wesen im Wald magische Substanzen zu holen, griffen alle grimmig zu ihren Waffen und wechselten fließend zwischen kurzen out-time Fragen und ihren in-time Rollen hin und her.

Möglich wird diese Freizeit nur, weil sich die Leiter und NSCs dafür gezielt freinehmen. Sie rekrutieren sich aus dem Larp-Freundeskreis von Chris und Carme, nehmen den Job ziemlich ernst – und haben Spaß daran, für die frischen Helden die Ansprechpersonen, Monster und Helfende zu sein.

Larp für Kinder und Jugendliche gibt es natürlich schon eine Weile und auch größer organisiert, aber der Ferienworkshop zeigt vor allem eines: Die beste Förderung entsteht da, wo eine Larp-Generation der nächsten zeigt, was für ein großartiges Hobby auf sie wartet. Ein bisschen neidisch kann man schon darauf werden, ein solches Angebot einfach im örtlichen Jugendzentrum finden zu können. Hoffentlich noch viele weitere Male. Und vielleicht finden sich noch mehr Larp-Erfahrene, die Ähnliches ausprobieren wollen!

 

Text: Mháire Stritter
Bild: Mart Masangkay

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