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Die letzte Stunde

Cthulhu-Mthos meets Raumschiff

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Kategorie: News/Blog Veranstaltungen

Im Jahr 2083 macht sich das Raumschiff Victoria II auf den Weg vom Mars zur Erde. An Bord befindet sich der gefährlichste Mann der ersten Marskolonie Pioneers’ Reach: Hyronimus Blake. In grausamen Ritualen hat Blake zusammen mit seiner Sekte Die letzte Stunde dreizehn junge Frauen geopfert. Zum Glück konnte die Marssicherheit den Verbrecher fassen und transportiert ihn nun zur Erde, um ihm dort den Prozess zu machen.

Die letzte Stunde war ein Mystery-Grusel-Larp in einem Science-Fiction-Setting mit Cthulhu-Bezug. Im vergangenen Oktober fand der erste Run statt, im Februar 2024 folgte ein zweiter. Aufgrund der hohen Nachfrage ist im September 2024 noch ein dritter am gleichen Ort geplant: der Bildungsstätte des Waldritter e.V. in Herten. Die Location ist in der Form in Deutschland (oder sogar weltweit?) wahrscheinlich einmalig. Es handelt sich um einen von innen zum Raumschiff umgebauten ehemaligen Woolworth-Markt. Das Raumschiff bietet viel Technik, Licht und Ton, was die Orga des Larps auch reichlich nutzte, dazu Nebel und Visionen, die man sich nicht vorstellen musste, sondern die mittels Beamer Realität wurden. Neben der im Oktober gespielten Story ist in der gleichen Location noch eine andere Geschichte mit dem Titel Keine Hoffnung in Sicht für April 2024 geplant, in welcher eine Geiselnahme an Bord des Raumschiffs gespielt wird.

Die Story

Im Jahr 2083 hat die Menschheit den Mar bereits besiedelt: Es gibt eine erste echte Stadt namens Pioneers’ Reach mit 50.000 Einwohnern. Um Material und Menschen zu transportieren, wurde eine regelmäßig fliegende Fähre eingerichtet: die Victoria II, auf welcher das Larp spielt. An Bord sind nicht nur Crewmitglieder, sondern auch Reisende, wobei die Rollen von der Spielleitung zugewiesen werden. Die Anreise geschieht über ein kleines Shuttle, welches ebenfalls bespielbar ist. Begleitet von drei Sicherheitsleuten kommt der Schwerverbrecher Hyronimus Blake als Letzter an Bord und direkt bei der Begrüßung durch den Kapitän des Schiffes wird klar: Hier stimmt etwas nicht. Nach diesem Zusammenstoß wird Blake in eine Zelle am Ende des Schiffes gebracht und die Victoria II macht sich auf den Weg.

 

 

Der Verlauf

In dem stattgefundenen Run gab es unterschiedliche Gruppen an Bord, welche alle unterschiedliche Ziele verfolgten. Das Spiel fand in drei Blöcken statt: Freitagabend, Samstagvormittag und Samstagabend. Während es im ersten Block relativ ruhig blieb, konnte man die anderen Charaktere kennen lernen und Blake in seiner Zelle besuchen, nahmen die Ereignisse am Samstag deutlich Fahrt auf und am Ende gipfelte alles in einem großen Chaos. An Bord griff der Wahnsinn um sich, und die Mitglieder der letzten Stunde haben versucht, mit Waffengewalt den Anführer zu befreien – ein actionreicher Showdown mit Nerfguns und Polsterwaffen.

Zeit verging dabei an Bord etwas schneller, als sie es in der Realität tut. Die Spielleitung nennt dieses System Filmzeit und erklärt es wie folgt: „Wie im Film werden im Spiel ja nur die spannenden Szenen gezeigt und das Langweilige dazwischen weggelassen. Es lässt sich auch einfach mit der Daumenregel Alle zwei out-time Stunden sind ein Tag im Spiel zusammenfassen.“

Rollen und Charaktere

Die Charaktere waren grob vorgegeben, wobei die Spielleitung mit Details eher sparsam war. Nachdem man bei der Anmeldung ein paar Häkchen zur Wunschrolle gesetzt und, wenn man wollte, noch eine Anmerkung dazu geschrieben hatte, erreichte einen ein paar Wochen später ein Charakterbogen, die Gruppenbeschreibung, ein paar Stichpunkte zum Hintergrund und ein dunkles Geheimnis. Für den Rest waren die Spieler selbst zuständig. So ziemlich jeder Charakter gehörte einer Gruppe an, und für die Spieler gab es im Vorfeld die Möglichkeit, sich auf dem Discord-Server der Waldritter abzusprechen, so dass man nicht alleine ins Spiel starten musste. Außerdem waren einige Charaktere durch ihren Hintergrund verbunden, was oftmals am Anfang nicht ersichtlich war.

Ein weiterer schöner Kniff waren die persönlichen Nachrichten: Jeder Charakter hatte Mail-Nachrichten in seinem Hintergrund, welche man an den verschiedenen Computern im Spielbereich abrufen konnte, zumindest wenn man das Passwort des Charakters kannte oder ein Hacker war. Durch diese Spielmechanik blieben die Geheimnisse der Charaktere oftmals nicht bis zum Ende geheim. Konflikte waren vorprogrammiert, denn nur die wenigsten Verbindungen im Hintergrund waren positiver Art.

 

 

Mythosbücher und Mythosmonster

Im Vordergrund stand klar das Spiel zwischen den Charakteren, dennoch ließen sich einige Gegenstände ­finden und Rätsel lösen. Es gab mehrere Bücher (ja, ganze Bücher!) des Cthulhu-Mythos zu finden und zu lesen, Zahlenschlösser zu knacken, durch welche man Waffen und Ausrüstung erlangen konnte, und natürlich die geheimen persönlichen Nachrichten. Dazu kamen einige wenige geskriptete Ereignisse, wie eine große Vision in der Messe und der Auftritt eines Mythoswesens, welches sich einen Spaß daraus machte, die Reisenden aus den dunklen Schleichwegen des Schiffes heraus zu erschrecken.

Die eindrucksvollste Requisite war ein handgeschriebenes Tagebuch mit gefühlt 100 Seiten, welches den geistigen Verfall seines Autors in immer wirrer werdender Schrift und Zeichnungen dokumentierte. Allein in dieses Buch müssen einige Stunden Arbeit geflossen sein. Der Haken an der Sache: Die Lektüre des Buches ließ einen wahnsinnig werden.

Wahnsinn zum Abreißen

Wahnsinn stellte ein echtes Spielelement dar. Jeder Spieler erhielt vor Spielbeginn ein kleines Abreißheftchen mit seinem individuellen Wahnsinn, aufgeteilt in fünf Stufen. Es war dem Spieler selbst überlassen einzuschätzen, wann der eigene Charakter eine neue Wahnsinnsstufe erreichte. Mit jedem Aufstieg riss man den nächsten Zettel des Heftchens ab, auf dem die Auswirkungen des Wahnsinns beschrieben wurden. Das System wurde dankend angenommen, zum Spielende hatten einige Charaktere die fünfte Stufe erreicht und machten den anderen Charakteren das Leben schwer.

Fazit

Schon allein die Location war einen Besuch wert, aber auch der Plot verstand es, in die Story hineinzuziehen, wobei man selbst mitarbeiten musste. Es waren nur wenige Details vorgegeben und abseits von zwei Spielleitern, die die Rollen von Blake und des Kapitäns des Schiffes übernahmen, gab es keine NSCs. Wenn das jedoch nicht stört, Grusel und Paranoia spannend klingen oder man sich für den Cthulhu-Mythos begeistern kann, sollte man der letzten Stunde auf jeden Fall eine Chance geben.

Text: Corinna Heucke
Bilder: Ralf Hüls

 

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