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Im Bann der Hexe

Gruppeninternes LARP als ConQuest-Ersatz

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Kategorie: Konzepte News/Blog Veranstaltungen

Wir sind auf dem Weg nach Holzbrück, einem Ort auf dem Kontinent Mythodea, und haben vor einem Gutshaus unser Lager aufgeschlagen. Es ist früher Morgen und wir verlassen gerade unsere Zelte. Doch was ist das?

Gestern Abend hatten wir auf die Schnelle unser Lager aufgebaut: ein großer Tisch, Sitzgelegenheiten und ein großes Baumwolltuch, um uns vor Regen zu schützen. Das Ganze fest verankert. Und nun ist alles weg. Nur das Heiligtum mit dem Weltenbaum der Vrilthinger steht noch da. Obwohl, hat es sich nicht gerade bewegt? Oh ja, es erhebt sich und fängt an, davon zu schweben, eine kurze Verfolgungsjagd beginnt …

Wir sind eine kleine Gruppe von 26 leidenschaftlichen Larpern aus dem gesamten deutschen Raum. Getroffen haben wir uns auf dem ConQuest of Mythodea und sofort verstanden. Und so wurde aus dem Haus Yucalion und den Vrilthingern das Bündnis Der Nordbund geschlossen. Nun erleben und genießen wir zusammen das schönste Hobby der Welt. Anfang des Jahres haben wir uns in einer unserer Online-Sitzungen Gedanken gemacht, was passiert, wenn das ConQuest of Mythodea zum zweiten Mal in Folge nicht stattfinden würde. Es musste ein Ersatz geplant werden. Jeder in der Gruppe suchte nach möglichen Locations. Zur Auswahl standen dann Burgen, alte Militärgelände mit viel Wald und verlassenen Gebäuden, Jugendherbergen und Privatgelände teils ebenerdig ohne Wald, aber auch mit schöner Felsenlandschaft. Nach Abstimmungen in der Gruppe ist es dann Gut Orla geworden.

 

 

Die Location

Die Vorteile für uns lagen auf der Hand: Gut Orla ist einigermaßen zentral für alle gelegen, es kann draußen sowie drinnen übernachtet werden, die Konditionen waren hervorragend und der Kontakt gestaltete sich einfach, schnell und war sehr freundlich.

Gut Orla liegt in Munster/Niedersachen und verfügt über 35.000 Quadratmeter bespielbare Fläche. Das alte Hotel im Fachwerkstil auf dem Gelände hat über 14 Zimmer, jedes ist ausgestattet mit eigenem Bad (Waschbecken, Dusche, Toilette und Bidet) und entweder zwei Einzelbetten oder einem Doppelbett. Die Zimmer können mit zusätzlichen Betten erweitert werden. Es gibt eine große Industrieküche modernsten Standards, Kühlschränke und viel Geschirr.

Der Orga-Bereich besteht aus einer eigenen Teeküche, Bad, Gruppenschlafraum, Gemeinschaftsraum und einem zusätzlichen Zimmer. Dort befinden sich auch weitere 40 Zustellbetten und Matratzen, die sich die Orga selbst einteilen und verteilen kann, um für ihre individuellen Wünsche die besten Verhältnisse zu schaffen. Zum Zelten gibt es genügend Platz auf der großen Fläche. Im Erdgeschoss gibt es einen großen Schankraum mit einer Bar, einen Kamin, weitere Toiletten und vier Nebenräume. Einkaufsmöglichkeiten gibt es im Nachbarort Munster. Die Versorgung war also ebenfalls gesichert.

 

 

Die Orga

Einige Mitglieder aus unserer Gruppe haben die ehrenvolle und schwierige Aufgabe übernommen, für uns anspruchsvolle Larper die Organisation und auch NSC-Rollen zu übernehmen. Federführend waren dabei unsere zwei in-time Anführer: Chris, der sonst der geistige Führer der Vrilthinger ist, und Norman, der sonst als Jarl des Hauses Yucalion auftritt. Insgesamt waren sieben Personen mit Orgaaufgaben betraut. Zwei von uns waren für die Verpflegung zuständig, drei für den Plot und zwei für sonstige Dinge, inklusive Kontakt zum Gut Orla, berichtet Chris. Wir haben von April bis August jeden Sonntagabend Videokonferenzen abgehalten und alles immer feiner geplant. Norman ergänzt: In der Konzeptionsphase haben wir neben Familie, Hobbies und Beruf versucht, unsere Planungsaufgaben zu erledigen. Der Zeitaufwand variierte, je nach Aufgabenbereich, von wenigen Stunden pro Woche bis zu mehreren Nachmittagen.

Insbesondere die Requisitenanfertigung des Plot-Teams hat dabei nach Angaben der Verantwortlichen viel Zeit in Anspruch genommen. Natürlich musste auch ein Corona- Konzept her und jeder, also Orga genauso wie SCs, musste vor der Anreise einen Negativtest nachweisen. Zudem galt es, so unterschiedliche Aufgaben wie Finanzierung mit Bereitstellung der Kaution, Darstellung von SL-Begleitung sowie gleichzeitige Verkörperung mehrerer NSCRollen durch einzelne Personen, Organisation der Küchenbenutzung, Reinigung und Lagerung von Lebensmitteln umzusetzen.

Spaß gemacht hat den Beteiligten insbesondere die Plotplanung, bei der sie sich kreativ austoben konnten. Es waren gleich mehrere Ideen, die zusammengekommen sind. Ich wollte schon immer mal einen Goldrausch auf einem Larp haben. So etwas habe ich bisher noch nie erlebt. Nachdem keiner etwas dagegen hatte, habe ich wie wild aus Kieselsteinen Goldnuggets produziert. 561 Stück, erzählt Chris. Wir waren gespannt, was das bei den Spielern auslösen würde: Gier? Geiz? Oder Großzügigkeit? Daneben ging es um die gute alte Frage von Gut gegen Böse ...

 

 

Die böse Seite im Spiel wurde durch eine Königin repräsentiert, die verstoßen worden war, weil sie beim Praktizieren schwarzer Magie ertappt wurde. Ihr Gefolge folgte ihr in die Verbannung. Als sie von den Goldfunden am Gutshaus Orla gehört hatte, gab es für sie kein Zögern. Das Gold wollte sie nutzen, um ein Söldnerheer aufzustellen und damit die Krone zurückzuerobern.

Die gute Seite trat in Gestalt einer Dryade auf, einer kleinen Waldgöttin, die zunächst scheinbar in einer ausweglosen und machtlosen Situation war, denn die Königin/Hexe hatte einen Wächterdämon beschworen, der nur schwer zu überwinden war. Später sollte sich das Blatt allerdings wenden …

Da dabei nicht immer alles nach Plan lief, musste die Orga laut Norman auch immer wieder improvisieren: Natürlich gab es für uns auch Probleme, bei denen die Spieler nicht so recht das gemacht haben, was sie laut Plot tun sollten. Also musste immer wieder überlegt werden, wie man unauffällig Hinweise platziert, ohne das Ambiente zu zerstören oder Logikfehler zu begehen. Manchmal musste der Plot auch spontan geändert werden, weil die Spieler eine Idee hatten, die wir im Vorfeld nicht bedacht hatten. Spaßig war es auch, als SL spontan kleine Mini-Handlungsstränge einzuflechten. Wir hatten beispielsweise eine Goldmine, die eigentlich auch nur das sein sollte. Später kam noch ein Skelett dazu, welches zu einem Zwergenskelett wurde, dessen Geist im Gutshof spukte. Vor seinem Tod hatte der Zwerg die Mine verflucht und die Spieler mussten den Fluch brechen, bevor sie die Mine vernünftig benutzen konnten – Nebelmaschine sei Dank. Dieser Handlungsstrang ist erst während der Aufbauphase entstanden, war aber eine super Ergänzung zum Gesamtwerk.

Der Kontakt zum Gut Orla lief aus Sicht der Orga sehr herzlich und die Verwalter erwiesen sich als sehr hilfsbereit. Man fühlte sich rundum gut betreut und stieß auf viel Verständnis auch für ungewöhnliche Ideen. Die Orga, die schon vier Tage vor dem eigentlichen Spielbeginn angereist war, widmete ihre Zeit neben dem Verstecken des Goldes, dem Aufbau der Mine und des NSC-Lagers, dem Ausheben und Schmücken der Gräber und dem Basteln eines großen Pentagramms noch einer Art Charme-Offensive in der Nachbarschaft der Location. Wir wollten die Anwohner informieren, dass hier wieder eine Horde Bekloppter, äh, nette Leute mit einem außergewöhnlichen Hobby, für ein paar Tage aktiv sein würde, erläutert Chris. Nicht, dass jemand gleich die Polizei ruft, wenn Schreie oder nächtliche Trommeln zu hören sind oder schwerbewaffnete Krieger und Monster herumlaufen.

 

 

Das Feedback der SCs hat auf jeden Fall gezeigt, dass es die Mühe wert war, diesen gruppeninternen Corona-Ersatz für das ConQuest aus dem Boden zu stampfen. Teilnehmer und auch Orga hatten großen Spaß. Ob es im kommenden Jahr eine Fortsetzung geben wird, ist noch offen und hängt unter anderem davon ab, wie sich die Pandemiesituation bis dahin entwickelt und ob das ConQuest wieder stattfindet. Da die Planungen sehr zeitaufwendig waren, werden aber auf jeden Fall andere aus unserer Gruppe das nächste Event planen müssen.

 

 

Text: Volker Zaum

Bilder: Christian Lehmann und Chris Engelke

 

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