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Ritter aus Leidenschaft

Turniertage 2009

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Kategorie: Konzepte Veranstaltungen

Inspiriert von „Ritter aus Leidenschaft“, aber auch von den guten, alten Ritterfilmen der 60er und 70er Jahre, boten die Turniertage die detailreiche Umsetzung eines mittelalterlich- phantastischen Ritterturniers. Bei strahlendem Sonnenschein waren knapp 800 LARPer auf dem Jugendzeltplatz bei Rhens zusammengekommen.

Das Spiel war seit knapp zwei Jahren angekündigt und bereits Monate im Voraus ausgebucht. Die Veranstalter sahen sich (ob sie wollten oder nicht) immer wieder dem Vergleich mit Die Große Turney ausgesetzt, deren Veranstalter 2005 die Messlatte für Ritterturniere im LARP hoch gelegt hatte. Entsprechend groß waren die Erwartungen der Teilnehmer – und sie wurden nicht enttäuscht! Das Turnier startete mit einer feierlichen Helmschau, bei der sich die teilnehmenden Recken dem Publikum präsentierten. Dabei kam es gleich zum ersten In-time- Skandal: Dem (NSC-) Ritter Konrad von Schragen wurde die Turnierwürdigkeit abgesprochen, da ihm allerlei Verbrechen zur Last gelegt wurden. Er wurde in die Reichsacht gestellt und vom Turnierplatz verbannt. Zudem wurden sein Schild und seine Helmzier vor aller Augen zerschlagen. Ein beeindruckendes Spektakel für die Zuschauer (auch wenn dem einen oder anderen bei diesem Anblick sicher das Herz blutete).

 

 

Stolze Streiter, flauschige Rösser

Die Veranstalter hatten die Anzahl der Ritter, die am eigentlichen Wettstreit teilnehmen konnten, streng begrenzt. Schließlich braucht ein solches Turniergeschehen auch Knappen, Edeldamen, Herolde und allgemein jubelndes Volk. Insgesamt durften 80 Ritter in die Schranken treten, um sich in verschiedenen Disziplinen zu messen. Neben Kämpfen zu Fuß gab es auch Lanzenreiten zu Pferd, den so genannten Tjost. Da selbst ein gespielter Kampf auf echten Pferden natürlich zu gefährlich (und bei ungeübten Reitern sicher auch nicht tiergerecht) wäre, behalfen sich die Veranstalter mit einem Trick: Es gab große Plüschpferde auf Rollen, die von den Knappen angeschoben wurden und so den ritterlichen Lanzengang ermöglichten. Hört sich albern an, war aber ein großer Spaß für alle Beteiligten. Eine (allerdings eher unfreiwillige) komische Note bekam der Tjost zusätzlich dadurch, dass sich die Lanzen (die aus Sicherheitsgründen sehr weich gestaltet waren) durch die Hitze teilweise sehr verbogen.

Der Turniersieg wurde nach einem einfachen System ermittelt: Jeder Ritter hatte zu Beginn zwei Turniersiegel für den Tjost und fünf für den Fußkampf erhalten. Solange ein Ritter über eigene Siegel verfügte, konnte er in der entsprechenden Disziplin teilnehmen. War man in einem Kampf unterlegen, musste man eines der Siegel als Pfand an den Sieger abtreten. Der Gesamtsieger des Turniers war der Ritter, der am Ende die meisten Pfänder vorweisen konnte.

Bei allen Kämpfen stand es den jeweiligen Streitern frei, sich über die IT-Modalitäten des Waffengangs zu einigen. Sie konnten individuell bestimmen, welche Waffen und wie viel Rüstung genutzt werden durfte und wie der Sieg festgestellt werden sollte. Kämpfe bis zur Aufgabe eines der Beteiligten oder bis eine bestimmte Anzahl Treffer erzielt wurde, waren ebenso dabei wie solche, bei denen eine bestimmte Dame oder das Publikum im Nachhinein über den Sieger entscheiden durfte. Viele Kontrahenten nutzten außerdem die Möglichkeit, vor dem Kampf OT festzulegen, wer als Sieger daraus hervorgehen sollte (z. B. durch das altbekannte Schere-Stein-Papier-Spiel), um sich dann ganz darauf konzentrieren zu können, einen spektakulären Kampf fürs Publikum abzuliefern.

Ein kleines Manko: Die Pünktlichkeit des Turnierablaufs ließ zu wünschen übrig. Viele Programmpunkte starteten mit mehr als einer Stunde Verspätung, ohne dass zu den bereits Wartenden durchdrang, wie lange es noch dauern würde. Die Verzögerungen lagen meist an zu spät am Ort des Geschehens auftauchenden SCs. Insbesondere die zeitweise herrschende große Hitze ließ viele Teilnehmer träge werden.

 

 

Markttrubel und Intrigen

Wer nicht als Ritter mitkämpfen konnte, war deshalb noch lange nicht zum Statisten oder Zuschauer degradiert. Zwar standen bei diesem Spiel Ambiente und Rollenspiel im Vordergrund (d. h. Kämpfe mit Orks oder Dämonen suchte man vergeblich), aber es gab trotzdem viel zu erleben. Anwesende Könige und Fürsten betrieben miteinander Diplomatie und hielten Hof. Höflinge und Damen übten sich in Ränkespielen und Minnesang. Für die Tanzwütigen gab es Unterricht in mittelalterlichen Tänzen und einen Ball.

Das einfache Volk fand ebenfalls Abwechslung: Kleinere sportliche Herausforderungen gab es zum Beispiel in Form eines Bogenwettstreits, eines Axtwerfens und eines Stockballturniers (eine Mischung aus Rasenhockey und Rugby). Am Rande des Turnierfeldes gab es außerdem einen Markt mit zahlreichen Händlern und Handwerkern, die ihre vielfältigen Waren feilboten. Büttel sorgten hier im Auftrag des Marktvogtes für Ordnung (und zeigten dabei liebenswerte Inkompetenz und stets ein offenes Händchen für kleinere „Spenden“).

Als schönes Spielelement erwies sich die eigens geprägte Spielwährung. Zu Beginn der Veranstaltung bekamen alle Teilnehmer einen Beutel mit Münzen ausgehändigt. Auf dem Markt fanden sich dann vielfältige Möglichkeiten, es auszugeben: So gab es Stände mit Süßigkeiten, Blumen, Zinnabzeichen, Karten- und Würfelspielen. Dazu kam lustiger Blödsinn wie „Erotikhefte“ mit mehr oder minder unzüchtigen mittelalterlichen Zeichnungen oder ein „Fanausstatter“, bei dem die Kunden Wimpel in den Farben ihres bevorzugten Ritters, aber auch Sammelkarten nebst zugehörendem Album (als kleine Parodie auf die bekannten Panini- Hefte) erwerben konnten.

Trotz der vielen Möglichkeiten war natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass Ritter und Adel auf diesem Spiel im Mittelpunkt standen und deutlich mehr Optionen hatten.

 

 

Organisatorische Meisterleistung

Die Organisatoren hatten einen großen Teil des Geländes für dieses Ereignis mit unglaublichem Aufwand in einen mittelalterlichen Turnierplatz verwandelt. Für die Dekoration kamen allein mehr als 200 handbemalte Pfosten und Pfähle und fast ein Kilometer Stoff zum Einsatz. Außerdem glänzten die zahlreichen Teilnehmer geradezu darin, sich gegenseitig mit ihrer Ausstattung zu überbieten. Wohin das Auge sah, erblickte man blitzende Rüstungen, farbenfrohe Gewänder und mittelalterlich anmutende Lager. Alles in allem ein Bild wie aus einer Filmkulisse.

Optisch etwas störend waren die Bändchen am Handgelenk, die jeder Teilnehmer beim Check-in erhielt und tragen musste. Aus Sicht der Orga waren sie bei einer so großen und unübersichtlichen Veranstaltung aber notwendig, um ungebetene Gäste sofort erkennen zu können.

Sehr schön war die „Begrüßungstasche“, die alle Teilnehmer bei der Einfahrt auf das Gelände bekamen. Diese enthielt nicht nur ein schön gestaltetes IT-Heft mit den Turnierregeln, letzte Infos der Orga, IT-Gerüchte, Ohrstöpsel (gegen lästige Schnarcher im Zelt), Sonnencreme, ein Turniertage-Zinnabzeichen und die erwähnten Spielmünzen, sie war außerdem als IT-tauglicher Brotbeutel verwendbar.

Die Turniertage erwiesen sich übrigens auch als ausgesprochen familienfreundlich: Die Waldritter stellten ein umfangreiches Kinderprogramm auf die Beine. Dabei gab es nicht nur Schatzsuche und Turnier, die jungen Helden wurden auch als kleine Boten für Briefe, Blumen und andere Sendungen ins Spiel eingebunden. Das Ziel, die Teilnehmer für ein paar Tage in ein mittelalterliches Turnier zu versetzen, ist den Organisatoren rundum gelungen.

Karsten Dombrowski

 

 

Um die Momente und Eindrücke der Turniertage langlebig festhalten zu können, erschien bei Zauberfeder ein 144-seitiger Bildband mit mehr als 200 der schönsten Bilder der Turniertage und ihrer Teilnehmer.

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