Das Con Tales: Inside spielt in einer düsteren Zukunft, in der eine Künstliche Intelligenz (K.I.) das Sagen hat. Ursprünglich bereits für Ende dieses Jahres geplant, wurde die Premiere des Spiels auf März 2018 verschoben. Wir haben uns das Konzept für Euch angeschaut.
Bei Tales: Inside sind weder die Menschen noch ihre Umgebung heil. Das Setting ist auf Konflikt ausgelegt, darauf, mit möglichst vielen Mitspielern aneinanderzugeraten. Doch, so sagen die Macher selbst, führt gerade dieser gezielt herbeigeführte kollektive Lagerkoller zu einem starken Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Spielergruppen, die durch fünf strikt voneinander getrennte Kasten dargestellt werden. Zum bedrückenden Endzeitkonzept gehört es für die Macher, ihre Teilnehmer komplett auszustatten. Statt fescher in-time Kleidung gibt es Overalls, statt dem gemütlichen Essen unter Freunden rationierte Essensmarken, statt des privaten Zeltes warten Feldbetten im Gemeinschaftsraum. Der ständige Kontakt zu den anderen und die fehlende Privatsphäre sind zentrale Elemente. Doch bei allem Ernst – wenn Spieler out-time zu hungern beginnen, die Sonne sehen wollen oder eine kleine Krise haben, gibt es natürlich einen Rückzugsraum mit Essen und Ausgang nach draußen. Natürlich gilt in diesem Spiel ein Stopp-Befehl, mit dem jeder Spieler trotz aller Spielfreude seine persönlichen Grenzen klarmachen kann. Außerdem sieht der Ablauf des Spiels eine Einführung in die Welt und eine Besprechung am Ende vor, bei der die Spieler sich über ihre Erfahrungen austauschen und im Bedarfsfall runterkommen können.
Hinter dem Spiel steht ein starkes Team. Das Kernteam besteht aus drei Spieldesignern (Armin Saß, Rainer Fränzen, Jorina Havet) und zwei Eventmanagern (Chris Enger, Hartmut Wächter), die bereits Erfahrungen mit verschiedenen Con-Reihen haben (bereits früher organisierten sie die Live-Rollenspiele Tales from the North und Broken Crown). Jeder von ihnen bringt einen ganz eigenen Erfahrungsschatz an Larp-Organisation mit, so dass sich die Fähigkeiten gut ergänzen. Dazu kommen natürlich noch weitere Helfer und Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass das Ganze laufen kann. Konkreter Auslöser, dieses Spiel zu planen, war für die Orga die Location, die eine schon im Ansatz vorhandene Idee, die seit längerem herumgeisterte, möglich machte. Anfangs haben wir mit dem Prinzip des Advokats des Teufels gearbeitet: Jede Idee wurde erst einmal auf ihre möglichen Probleme destruktiv auseinandergenommen, bis uns das Grundkonstrukt stabil und vor allem spielfest vorkam. Dann folgte die Gesellschaftsstruktur, in der jeder Spieler in eine Hierarchie eingebunden wird, die wie eine kleine Familie funktioniert, sowie einzelne Ereignisse in der Historie des Settings, die das Spiel mit Leben füllen werden, berichtet Jorina Havet. Die größte Herausforderung war, vom klassischen Setting eines utopischen, beziehungsweise dystopischen Filmes wegzugehen, der meist nur funktioniert, weil er einen Protagonisten hat, während die anderen Staffage sind. Im Larp ist jeder Protagonist. Daher muss auch für jeden die Geschichte genauso funktionieren, als könne er selbst eine Hauptfigur darin spielen.
Kasten und Intensität
Für die Teilnahme am Spiel kann jeder Spieler aus den fünf Kasten Administration, Versorgung, Security, Gesellschafter und Arbeiter wählen. Jede Kaste nimmt eine andere Aufgabe in der Gesellschaft ein. Jede einzelne wird auf der Webseite ausführlich beschrieben und bietet auch Neueinsteigern durch Check-Fragen die Möglichkeit, rasch herauszufinden, welche am besten passt. Sinnvoll ist der Hinweis, dass das Ziel nicht sein sollte, dass der eigene Charakter überlebt und für ihn möglichst alles glatt laufen sollte, sondern das Scheitern reizvoll ist und das gemeinsame Spiel im Mittelpunkt steht.
Die Macher sind sich bewusst, dass ihr Szenario möglicherweise viele Spieler anspricht, aber nicht jeder körperlich und psychisch dazu in der Lage ist, den Horror und Stress gleich intensiv an sich heranzulassen. Dafür gibt es ein Konzept, was sicherstellen soll, dass derjenige, der hauptsächlich partizipieren und die Atmosphäre genießen will, ebenso mitmachen kann, wie langjährige Larper, für die der Stresslevel gar nicht hoch genug sein kann. Dazu bietet die Orga unterschiedliche Intensitätsstufen, in die sich die Teilnehmer selbst einordnen können.
Spieler, die eine sehr niedrige Spielintensität gewählt haben – Partizipanten – und fast schon mehr zuschauen, als spielen wollen, bekommen eine dezente Kennzeichnung, damit die anderen Spieler darauf Rücksicht nehmen können. Ansonsten bedeutet die Intensitätsregelung: Erst einmal ist es für alle gleich – aber wer es gerne intensiver haben möchte, kann den Regler entsprechend hochstellen und bekommt von uns Extrastress – im gewünschten Maß, erläutert Armin Saß. Nicht garantieren können wir natürlich für Spieleraktionen gegenüber anderen Spielern. Wir werden uns bemühen, darauf ein Auge zu haben, aber wir können natürlich nicht überall gleichzeitig sein. Für den Notfall gibt es ein in den Sprachgebrauch integriertes Codewort, wobei wir aber nicht davon ausgehen, dass das notwendig sein wird.
Generell erhält jeder Teilnehmer nach seiner Anmeldung zum Spiel von der Orga Spiel- und Charaktervorschläge, die man in sein Spiel integrieren kann. Dazu gehören zum Beispiel Ziele und Schwächen des Charakters, seine Werte und Überzeugungen. Die Charakterbeschreibungen richten sich nach den Vorgaben, die die Spieler bei ihrer Anmeldung gemacht haben und sind auf jeden Teilnehmer individuell angepasst. Wer wenig Intensität erleben möchte, bekommt hauptsächlich Hintergrundinformationen. Wer es auf Spiel, Konflikt und Manipulation anlegt, bekommt einen entsprechend ausgearbeiteten Charakter. Die Orga bittet alle Spieler, ihre Bögen aufmerksam zu lesen und sich möglichst viel davon zu merken. Im Spiel soll dann jeder so handeln, wie es der Charakterbogen vorsieht. Das alles bedeutet aber nicht, dass die Spieler in einer statischen Rolle gebunden sind. Trotz der Hinweise zur Darstellung des eigenen Charakters werden die Spieler dazu aufgefordert, ihren eigenen Charakter nicht völlig zu verleugnen, sondern ihre Rolle damit zu bereichern.
Location
Der Austragungsort der Spiels ist eine alte Fabrikhalle im Ruhrgebiet, die ursprünglich zur Zeche Lohberg in Dinslaken gehört hat. Für alle, die nicht aus dem Ruhrgebiet stammen, hier ein kleiner Exkurs: Die Architektur vergangener Jahrzehnte hatte dort zeitweilig das Ziel vor Augen, den Arbeitern eine – zumindest optisch – ansprechende Arbeitsstätte zu gestalten. Daher sind viele alte Zechen, Kokereien und Stahlwerke in der Region mit bombastischen Bauwerken gesegnet. So unterschiedlich sie aussehen und so unterschiedlich ihre ursprüngliche Funktion war, eint diese Bauwerke alle eines: Die Gelände und Gebäude sind riesig! Nicht nur von der reinen Quadratmeterzahl, die oftmals schon beeindruckend ist, sondern auch von der Höhe der Decken.
Tales: Inside spielt zwar in einer zum Szenario passenden Räumlichkeit, für die Spieler bedeutet das aber, dass sie sich auf einige Besonderheiten einlassen müssen. Die Orga weist darauf hin, dass Dreck unvermeidbar ist und nicht garantiert werden kann, dass es mollig warm ist – die Halle kann nicht geheizt werden, daher sollten Teilnehmer sich unter den gestellten Overalls dem eigenen Kälteempfinden entsprechend angepasst anziehen.
Allen, die neugierig geworden sind, sei die Webseite der Macher wärmstens empfohlen. Sie bietet nicht nur die Möglichkeit zur Anmeldung und Kontaktaufnahme mit den Machern bei speziellen Fragen, sondern darüber hinaus eine Fülle von Hintergrundinformationen, die auf das Spiel einstimmen sollen. Bemerkenswert ist außerdem die Tatsache, dass es den Machern gelingt, ihr komplexes Live-Rollenspiel-Konzept anschaulich zu beschreiben und dabei fast keine szenetypischen Fachausdrücke zu verwenden. Larper verstehen die verwendeten Begriffe trotzdem – Menschen außerhalb der Szene werden so aber nicht ausgeschlossen, sondern dazu eingeladen, sich einmal außerhalb ihres vertrauten Lebens auszuprobieren. Dieses Konzept darf gerne Schule machen, weil derart schwierige Szenarien wie Tales: Inside klar und verständlich werden. Dadurch ist der Austausch über das eigentlich Spannende – die Idee des Spiels, seine Mechanismen, Stärken und Schwächen – viel einfacher und könnte die Diskussionskultur in der Larpszene positiv beeinflussen.
Rahmendaten
Termin: 9. bis 11. März 2018. Weitere Termine werden laut Orga folgen.
Das Spielkonzept ist darauf ausgelegt, mehrmals jeweils mit unterschiedlichen Teilnehmern umgesetzt zu werden.
Ort: Zentralwerkstatt Zeche Lohberg, Hünxer Straße, 46539 Dinslaken
Preis: ab 200,- Euro, inklusive Vollverpflegung, Leihkostüm und Ausstattung
Webseite: Other Life Games
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de