Die acht mächtigsten Familien stellen Repräsentanten für den Tarkanischen Rat, der die Geschicke des Landes lenkt. Nach einem langen und ungewöhnlichen Treffen des Rates, bei dem die Familie von Narwon ihren Sitz verlor, herrscht nun geschäftiges Treiben unter den Familien. Die genauen Gründe dafür sind nur den Ratsmitgliedern bekannt. Mehrere Ratsfamilien haben Vertreter ausgesandt, um neue Allianzen und Partnerschaften zu schmieden. Das Treffen fand in der Burg Tôr statt, einem wichtigen Grenzübergangspunkt in Raikal. Trotz seiner begrenzten Ressourcen ist Raikal eine prosperierende Seefahrernation, die vor allem mit Diamanten und Sklaven handelt. Die Wirtschaft basiert auf einer Vielzahl von Währungen und auf den erbeuteten Schätzen der Raikaler Freibeuter.
Die Geschichte von Raikal – In Scherben führte die Spieler in ein Setting, in dem der Konflikt zwischen den Elfen-Fraktionen, den Hochelfen von Haralin und vor allem den ausgestoßenen Elfen von Raikal, im Mittelpunkt stand. Die Einladung eines Hauses der abtrünnigen Elfen auf eine alte Burg bildete den Rahmen für ein beeindruckendes Live-Rollenspiel. Der Aufhänger des Spiels war es, politische Gespräche zwischen den angereisten Gästen und den Raikal-Elfen zu führen, ohne dabei die Wünsche und Interessen der Hochelfen zu berücksichtigen. Die Raikal-Elfen wollten ihr Image als Ausgestoßene hinter sich lassen und einen Weg auf die politische Bühne der Welt finden. Das Spiel bot den Teilnehmern die einzigartige Gelegenheit, verschiedene Familien der Raikal-Elfen kennenzulernen und politische Allianzen zu schmieden oder zu brechen. Dies führte zu schönen Rollenspiel-Momenten und intensiven Verhandlungen zwischen den Spielern, die die Tiefe und Komplexität des Konflikts zwischen den Elfen wunderbar zum Leben erweckten. Insbesondere durch die dargestellten Spannungen der in Reichtum und mit Machtwillen agierenden Elfen und ihren vollkommen unterschiedlich behandelten Sklaven entstand für die Teilnehmer die Immersion des mitunter beklemmenden Gefühls eines Drahtseilaktes für das eigene Handeln.
Ein weiterer Aspekt und ebenfalls Teil der Einladung der Elfen war die Erforschung von Kellergewölben, die sich als das Grabmal eines uralten Elfenprinzen namens Ravil herausstellten. Dieses Grabmal barg nicht nur Geheimnisse aus der fernen Vergangenheit, sondern wurde auch zu einem entscheidenden Schauplatz für die Entfaltung der Handlung. Die Fraktionen der Elfen erhofften sich unter anderem, im Grab Antworten über ihre Herkunft und Vergangenheit zu finden. Die Spieler hatten die Möglichkeit, in die Fußstapfen von Entdeckern und Abenteurern zu treten, während sie die Rätsel und Mysterien des gewaltigen Grabes lösten. Eine gesunde Mischung aus Escape-Room-Mechaniken und Kämpfen machte den fast zehn Räume umfassenden Dungeon für unterschiedliche Spielgruppen zu einer spannenden Herausforderung.
Was als politisches Treffen begann, entpuppte sich im Verlauf als ein Spiel voller Täuschungen und dunkler Magie. Die Raikal-Elfen, die ursprünglich die Gastgeber des Treffens zu sein schienen, enthüllten nach und nach ihre wahren Absichten. Ihr Interesse galt nicht nur der politischen Lösung des Konflikts, sondern vor allem der begehrten Krone des uralten Elfenprinzen Ravil, die im Grab verborgen war.
Als eigentlicher Gastgeber des Treffens und Drahtzieher im Hintergrund erwies sich der längst tot geglaubter Schwarzmagier Kruchun, der die Krone für seine finsteren Pläne benötigte. In einer packenden Szene, die von beeindruckendem Sound und Lichtatmosphäre begleitet wurde, führte er ein mächtiges Ritual durch, das eine dunkle Macht heraufbeschwor, die die gesamte Spielerschaft mit ihrer Anwesenheit bedrohte. Nur durch gerechten göttlichen Beistand konnte die Bedrohung schlussendlich in einer Abfolge beeindruckender Ereignisse gebannt und das beschworene Böse vernichtet werden. Um wen es sich beim beschworenen Bösen nun letztlich gehandelt hat, darüber gibt es nur Spekulationen und diese bilden einen potentiellen Rahmen für zukünftige Spiele. Diese dramatische Konfrontation brachte nicht nur eine außergewöhnliche Intensität in das Spiel, sondern stellt in Zukunft die Charaktere der Phönix-Welt in ihrer Kampagne auf eine harte Probe.
Eine der bemerkenswerten Eigenschaften von Raikal – In Scherben war die Liebe zum Detail, die in die Gestaltung der Spielwelt investiert wurde. Die Tannenburg, die als Veranstaltungsort diente, wurde in eine beeindruckende Kulisse verwandelt, die die Spieler in eine authentische Atmosphäre eintauchen ließ. Von den aufwändigen Kostümen der Elfen bis hin zu den detailreichen Requisiten war alles perfekt aufeinander abgestimmt. Auch die Hintergründe der Gastgeber und Sklaven der Elfen waren perfekt aufeinander abgestimmt. Dies alles zusammen schuf ein immersives Erlebnis. Erwähnenswert ist, dass die Organisatoren des Phönix-Gremiums in die Fußstapfen der einst federführenden In Realitas-Orga treten mussten, die vor mehr als 20 Jahren mit der Phönix-Kampagne und dem Regelwerk ein etabliertes Live-Rollenspiel ins Leben gerufen hatten. Für die neue Head-Orga der Phönix-Welt war dies eine besonders anspruchsvolle Aufgabe, da sie erstmals ein Spiel ohne planerisches Beisammensein veranstalten musste. Es war eine gewaltige Herausforderung, die sie jedoch mit Bravour gemeistert hat.
Das Phönix-Gremium hat es geschafft, die hohen Standards von In Realitas beizubehalten. Die Liebe zum Detail und die Leidenschaft der Organisatoren für das Hobby des Live-Rollenspiels waren deutlich spürbar und trugen maßgeblich zum Erfolg von Raikal – In Scherben bei. Insgesamt war Raikal – In Scherben ein schlüssiges und schönes Fantasy-Live-Rollenspiel-Erlebnis, das die Teilnehmer in eine faszinierende Welt der Elfenkonflikte entführte. Die epische Geschichte, die Liebe zum Detail und die leidenschaftliche Hingabe der Spieler machten dieses Spiel zu einer gelungenen Veranstaltung.
Text und Bilder: Simon Klenge
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de