„Was machst du da?!“, schreie ich und springe die Leiter hinunter aus dem Geheimgang, von dem aus ich meine Nemesis und meinen Mitarbeiter belauscht habe, der gerade einen meiner Lieblingsandroiden quält, um sich zu bespaßen. Beide schauen absolut verblüfft drein – der Androide erleichtert, meine Nemesis ziemlich verärgert, dass ich ihm den Spaß verderbe. Ich grinse triumphierend.
Diese kurze Szene verrät bereits viele Dinge, die mir am Do androids care? besonders gut gefallen haben: eine Location voller Überraschungen, ein Charakter mit interessanten Verknüpfungen, die nicht nur positiv sind, und einen Plot mit viel Drama und neuen Wendungen. Doch fangen wir beim Anfang an.
Do androids care? des Waldritter e. V. war ein dystopisches Spiel, angelehnt an Serien wie Westworld und Black Mirror. Anstatt in einem Park im Western-Setting wie in Westworld spielte es jedoch in einem fiktiven Premium Care Center der Anubis Corporation. Das heißt, dass sich reiche Patienten dort von Androiden behandeln lassen können. In dem Care Center standen nicht nur die Behandlungen und das Klinikspiel im Vordergrund, sondern auch das stetige Verbessern und Überprüfen der Androiden, die hoffentlich bald zum Verkaufsschlager werden sollten.
Die eigens ausgebaute Location der Waldritter in Herten, die wie ein Raumschiff gestaltet ist, begeisterte auf den ersten Blick. Ich wusste sofort, dass ich unbedingt noch einmal dort spielen will. Bei diesem Spiel kam auch der erste Stock zum Einsatz, in dem ein Krankenhaus mit richtigen Krankenbetten und passendem Material eingerichtet ist. Es gab hauptsächlich zwei Spielzonen und -elemente: das Klinikspiel im ersten Stock zwischen Patienten und Androiden und das Firmenspiel im Raumschiff und im Keller, wo die Androiden gewartet und überprüft wurden. Dazu gehörte die Verhaltensabteilung, die Androiden programmierte, und die physische Wartung, wenn Teile kaputtgingen. Das Sicherheitspersonal schaute, dass alles in geregelten Bahnen verlief. Es gab von jeder Abteilung auch eine Leitung sowie eine CEO der Firma.
Ich rückte eine Woche vor dem Spiel von der Warteliste ins Spiel und bekam einen freigewordenen Charakter. Ich hatte bereits Conscience von NotOnlyLarp in Spanien gespielt. Dabei handelte es sich um ein stark an Westworld angelehntes Spiel, das in einem Westernpark in der Wüste stattfand. Damals hätte ich gerne in der Firma gearbeitet, am liebsten in der Verhaltensabteilung. Diese Erfahrung durfte ich jedoch als Gast genießen und hatte großen Spaß, die armen Androiden ein bisschen zu quälen … Und was bekam ich in Do androids care? Genau!
Meinen damaligen Wunschcharakter, jemanden, der in der Verhaltensabteilung arbeitete und die Software der Androiden wartete. Ich durfte endlich sagen: „Android X, bitte wechsle in den Wartungsmodus!“ Dadurch bekam ich mehr vom Behind the scenes-Spiel mit als vom Klinikspiel. Wir waren sehr beschäftigt. Neben der Wartung der Androiden, unter denen ich Lieblinge hatte, arbeitete mein Charakter am After life-Projekt. Das bekannte Genie Eric Wang hatte es geschafft, das Bewusstsein verstorbener Menschen, die diesen Service buchten, in einen Speicher hochzuladen. Im Afterlife konnte man sie besuchen.
Mein Charakter war als Softwareentwicklerin dafür verantwortlich, dass dieses Programm ordentlich lief. Somit hatte ich zwei Jobs und wurde immer irgendwo gebraucht, was mir sehr viel Spaß bereitete. Unter den Charakteren lief es nicht immer harmonisch. In der Verhaltensabteilung waren wir uns nicht einig, wie man die Androiden am besten programmierte und verbesserte. Das führte zu der besagten Rivalität zwischen einem anderen Mitarbeiter und meinem Charakter, die ich sehr genoss. Die Verbindungen führten dazu, dass wir nicht nur arbeiteten, sondern spionierten, in Geheimgängen herumschlichen, heimlich verbotene Dinge ausprobierten …
Soweit ich es gehört habe, waren alle internen Abteilungen vom Spiel begeistert. Die Androiden wurden von Abteilung zu Abteilung weitergereicht, lernten dazu und behandelten Patienten und der Plot entwickelte sich. Über den Verlauf des Plots und alle überraschenden Wendungen, die mir eines der besten Larp-Erlebnisse im vergangenen Jahr bescherten, lasse ich euch besser im Dunkeln, denn es gibt eine Wiederholung des Spiels. Wenn ihr Lust bekommen habt, sichert euch euren Platz. Ich würde es sofort wieder spielen.
Text: Corinne Senn
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de