Auch wenn Relurien das erste Con der neuen Weltenrand-Orga war, ist die Orga bereits eine Institution in der norddeutschen Larp-Welt, da sie unter anderem Namen und in leicht anderer Zusammensetzung schon seit vielen Jahren Cons veranstaltet. Der Waldhof war früher eher ein Nebenveranstaltungsort der Orga, während die Hauptconreihen in Meudelfitz stattfanden. Nun, nach der Gründung der neuen Orga, steht Meudelfitz nicht mehr zur Verfügung und der Waldhof bekommt endlich die Aufmerksamkeit, die er verdient! Drei Jahre hat die Orga hier gewerkelt, geschuftet und geschwitzt, um die Taverne auf Vordermann zu bringen und Duschen und Toiletten zu bauen. Der Anfang ist getan und das, was noch geplant ist, verspricht, gut zu werden. So soll die Taverne zum Beispiel mehrstöckig werden und einen Pizzaofen erhalten, und auch weitere Gebäude sollen kommen.
Doch worum geht es in der neuen Kampagne eigentlich? Die Spielenden bereisen die Stadt Relurien, jenseits eines undurchdringlichen Waldes, in welchem Schatten und uralte Magie lauern. Um nach Relurien zu gelangen, müssen die Spielenden sich einer von drei Fraktionen anschließen, die die Spielenden in Gruppen durch den Wald führen und ihnen in der Stadt einen Platz zum Lagern gewähren:
- Die Kundschafter kennen jeden Schleichweg durch den Wald, denn sie haben alles kartographiert. Sie erforschen das Unbekannte und das Vergessene und betreiben die Grabungsstätten in den alten Tempeln Reluriens.
- Das omnische Reich hat Relurien zwar lange Zeit vernachlässigt, betrachtet es aber immernoch als eigene Provinz, weshalb es den Baron Alaric von Zedernbrück entsandte, Omnien in Relurien zu vertreten und das Volk wieder an das Reich zu binden. Wie alle Adeligen wurde auch Alaric vom Klerus des Gottes Om bei seiner Geburt als würdig erachtet, in den Adelsstand erhoben zu werden. Unter den wachsamen Augen des Klerus stellt er sich nun seiner Aufgabe in Relurien.
- Die Relurier sind die Einwohner der Stadt, sie sind das einfache Volk unter der Führung des Magiers Giacomo. Während Alt-Omnien sich in die Reiche Neu-Omnien und Relurien aufgeteilt hat, hat sich Relurien an seine neue Freiheit gewöhnt, während Neu-Omnien wieder ein Reich anstrebt. Doch warum sollte Relurien irgendeinem neuen Baron folgen?
Außerdem lernten wir auf der Anreise eine vierte Fraktion kennen, die Q'ûner, Flüchtlinge aus einem anderen Land, die sich selbst als Sucher von Wissen bezeichneten, wobei dies offenbar vor allem gefährliches und verbotenes Wissen umfasste. Man darf gespannt sein, inwieweit die Spielenden in Zukunft Einfluss auf die jeweiligen Fraktionen nehmen werden, aber so wie ich die Orga in der Vergangenheit kennengelernt habe, dürfte das obligatorisch sein.
Besonders angenehm fand ich die Menge an NSCs, die nicht als Schlachtvieh missbraucht wurde, sondern sich in Festrollen unter die Spielerschaft mischten, wodurch die Grenzen zwischen SCs und NSCs fließend wurden.
Wie es sich für ein schönes Stadtspiel gehört, bot die Stadt außerdem mehrere kleine, eigenständige Aufgaben in den jeweiligen Lagern. So wurde beispielsweise ein alter omnischer Tempel freigelegt, in dem ein Schwert gefunden wurde, an welches die Seelen zweier Verstorbener gebunden waren, die es ordnungsgemäß zu bestatten galt. In Relurien hingegen wollten Naturgeister aus verschiedenen Gegenständen befreit und der Grundstein für einen magischen Nexus gelegt werden. Hier wäre es angenehm, wenn neben diesen High-Fantasy-Aufgaben in Zukunft auch ganz alltägliche Aufgaben Teil des Spiels würden. Vielleicht eine verlorene Getränkelieferung der Taverne? Dem Müller helfen, einen neuen Mahlstein zu erlangen, damit die Brötchen zum Frühstück gesichert sind? Dem Kundschafterlehrling behilflich sein, seinen Bericht wiederzufinden, bevor sein Vorgesetzter den Verlust bemerkt? Kleinigkeiten eben, um die Immersion, sich in einer lebendigen Stadt zu befinden, lebhafter zu gestalten.
Neben diesen kleinen Plotelementen gab es natürlich auch einen Kampagnen-Plot, auch wenn dieser bislang erstmal nur langsam anlief. So erschienen irgendwann Kultisten einer Entität namens C’thun in der Stadt und verbreiteten mit Feuerbällen sowie geistesbeeinflussender Magie Angst und Schrecken, indem sie Freunde auf Freunde hetzten. Nachdem der erste Angriff überstanden war, berichteten die Sucher, dass C’thun ein mächtiges, schlafendes Wesen in einer anderen Welt sei, dessen Träume sich als Schrecken in unserer Welt manifestieren. Unklar blieb indes das Ziel der Kultisten, die uns fortwährend aufforderten, wieder zu zerstören, was wir erschaffen hatten. Unser einziges Problem: Wir hatten bislang noch gar nichts erschaffen! Man darf also gespannt sein, wohin dieser Plot die Spielenden führt, wobei ich persönlich hoffe, dass es nicht einfach nur ein C’thulu/Fantasy-Crossover wird, sondern es der Orga gelingt, eigene und innovative Elemente einzufügen.
Ansonsten war das Con vollverpflegt und es gab täglich zwei frische Brötchen pro Person sowie ein warmes Abendessen – alles vegetarisch und vegan, was in meinen Augen (als Fleischesser) völlig okay war, da es zum einen angekündigt war und man sich darauf einstellen konnte, und weil man zum anderen auch als Fleischesser mal beidrei Mahlzeiten auf Fleisch verzichten kann. Zumal die angebotenen Alternativen lecker waren. Es gab Chili, Kartoffelsuppe sowie Mac and Cheese.
Insgesamt empfand ich die Veranstaltung als soliden Auftakt, hatte viel Spaß und freue mich bereits auf Relurien 2 (12. bis 15. September 2024).
Text: Florian Buchholz
Bilder: Weltenrand Orga
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de