Bei Kostümbau oder der charakterlichen Darstellung kann allerlei falsch laufen. Dieser Artikel soll für diejenigen als Denkanstoß dienen, die sich gern den tierischen Darstellungen widmen wollen, aber noch keinerlei Erfahrung haben. Er soll helfen, typische Anfangsfehler zu vermeiden, und helfen, Kostüme und Darstellungen zu optimieren. Im Schwerpunkt steht jedoch nicht der Kostümbau. Wertvolle Tipps und Tricks zur Herstellung von Kostümteilen findet man in der LARPzeit-Ausgabe #35 aus dem Jahr 2012. In diesem Artikel sollen ergänzend Verhaltensweisen und allgemeine Hinweise im Vordergrund stehen.
Gerade durch misslungene Darstellungsversuche haben Tierwesen in den vergangenen Jahren einen äußerst schlechten Ruf bekommen. Das Anheften eines Plüschschwanzes oder das allseits beliebte Aufsetzen von Fellohren macht noch lange kein Tierwesen. Wer sich für die Darstellung eines tierischen Charakters entscheidet, sollte sich bewusst sein, dass es zeit und kostenintensiv wird, sie umzusetzen. Jeder sollte sich bewusst sein, dass sich eine misslungene Darstellung nicht nur auf seinen eigenen Ruf negativ auswirkt, sondern auch auf den allgemeinen Ruf von Tierwesen. Eine gelungene Darstellung hingegen kann ein Spiel für alle Beteiligten bereichern. Sie sorgt nicht nur für ein schönes Ambiente, sondern bleibt in Erinnerung, und man erntet Staunen statt Spott.
Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass Tierwesen nicht jedermanns Sache sind. So schön ein Kostüm auch ist und gleich wie viel Arbeit darin steckt, es wird immer diesen einen Spieler geben, der etwas zu meckern findet. Man kann es nicht jedem recht machen, gerade im Bereich der High-Fantasy. Mit Kritik muss man rechnen und umgehen können, wenn man Exoten darstellen möchte. Kritik ist nicht unbedingt böse gemeint. Guten Rat sollte man sich zu Herzen nehmen und er ist es wert, sich weitere Gedanken zu machen.
Das Kostüm und seine Probleme
Ein Tierkostüm, Suit genannt, kann den Träger schnell an körperliche Grenzen führen. Suits sind oft sehr warm und gerade auf Sommer-Cons beschwerlich. Einfach mal eben das Fell wegzulassen, weil es so heiß ist, ist keine Option. Wer out-time geht, um dem Gegenüber zu erklären Mir waren meine Beine zu warm, stört den Spielfluss. Ebenso verhält es sich mit dem Abnehmen von Masken. Gerade Vollmasken erschweren das Essen und Trinken und Hitze staut sich darunter. Zudem haben sie oft ein hohes Gewicht oder drücken. Dieser Einschränkungen sollte man sich im Vorfeld be wusst sein. Problematisch ist oft die Zeit, die das An- und Auskleiden in Anspruch nehmen. Je nach Aufwand des Kostüms kann dies eine Stunde dauern – Spielzeit, die entgeht. Außerdem überlegt man sich immer zweimal, ob der Gang zur Toilette gerade wirklich nötig ist.
Bei der Darstellung von Tierwesen stellt sich außerdem im Vorfeld die Frage: Vollmaske oder Latexapplikationen? Beide bieten Vor und Nachteile. Für viele Spieler ist gerade Mimik sehr wichtig für die Kommunikation unter den Charakteren. Mit einer Vollmaske geht jegliche Gesichtsregung verloren. Eine Latexapplikation kann aber ein Gesicht niemals so sehr entfremden wie eine Vollmaske. Bei einer Applikation wird langwieriges Schminken erforderlich, Nachschminken und -kleben sollten zeitlich eingeplant werden. Bei dieser Frage muss man sich also entscheiden, welche Punkte einem wichtiger sind. Ein derart aufwändiges Kostüm muss ständig nachgebessert werden. Mit der Anschaffung ist es nicht getan. Über Jahre hinweg fallen dem Spieler Details auf, die man ändern oder erneuern kann. Kein Kostüm ist von Beginn an perfekt.
Es gibt eine Vielzahl an Kostümteilen, die sich über bekannte Versandhäuser beziehen lassen. Ein einfaches Kostüm kann schnell zusammengestellt werden. Dabei ist zu bedenken, dass es sich um Standardgrößen handelt, die nicht immer optimal sitzen. Gerade Masken bieten einen größeren Komfort, wenn sie maßgefertigt sind. Tierkostüme sind eine bauliche Herausforderung. Gerade bei Selbstversuchen muss zunächst sehr viel herumexperimentiert werden, denn selten funktioniert alles beim ersten Versuch. Fehlversuche sollten bei einer Kosten- und Zeitkalkulation also berücksichtigt werden.
Nicht nur auf die Optik sollte geachtet werden, Sicherheit ist ein weiterer wichtiger Punkt. Es bringt nichts gut auszusehen, wenn man sich an einer scharfen Kante das Fleisch aufschneidet oder durch unpassendes Schuhwerk hinfällt und Knochen brechen. Auch für andere Spieler sollten die Kostüme keine Gefahr darstellen. Gerade Waffen und Rüstungen sollten daher keine scharfen Kanten aufweisen und nach gängigen Sicherheitsstandards gebaut werden. Bedenkt auch, dass Larp-Gelände oft glatt und schlammig sind, oder man durch dichten Wald laufen muss. Ein aufwändiges Kostüm kann behindern und leicht kaputt gehen. Mit Reparaturen nach einem Con sollte man rechnen.
Allgemein ist es sinnvoll, sich mit anderen Tierwesen-Darstellern auszutauschen. Auch wenn sich die dargestellten Tierarten unterscheiden, sind bauliche Voraussetzungen oft gleich. Eine Absprache untereinander kann Zeit und Geld sparen.
Denken und fühlen wie ein Tier
Ebenso wichtig wie ein stimmiges Kostüm ist es, ein tiergerechtes Verhalten zu zeigen. Wer ein Tierwesen darstellen will, muss aufhören, wie ein Mensch zu denken. Er muss menschliche Werte und Normen ausblenden können und sich an fremdartigen Wertvorstellungen orientieren, die zur gewählten Tierart passen. Instinkte haben Vorrang. Mit Geld können tierartige Charaktere nichts anfangen. Es ist ihnen meist suspekt, warum Menschen viel Wert auf hässliche Metallstücke legen. Ein anderes Wertesystem ermöglicht es natürlich auch, sich mehr herauszunehmen. Verhalten, was in einer menschlichen Darstellung als dreist und unhöflich gelten würde, wird einem Tier eher nachgesehen. Eine gewisse Weltfremdheit ist nötig, es sollte damit aber nicht übertrieben werden. Fälschlicherweise wird Weltfremdheit von Spielern oft mit Dummheit verwechselt. Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Darstellung anderer Werte und Normen, dem Unverständnis für menschliches Handeln und dem simplen Fehlen von Verstand. Als Darsteller muss man sich dessen bewusst sein und sich im Vorfeld klar machen, wie der eigene Charakter zu Werten und Begebenheiten steht, wie er in diversen Situationen aus ethischer Sicht handeln würde.
Oft gibt es Klischees, nach denen eine spezielle Tierart handeln kann. Diese können durchaus erfüllt werden, doch sollte es eine passende Hintergrundgeschichte geben, einen Grund, warum das Tier dieses Klischee erfüllt. Es kann auf persönliche Erfahrungen des Charakters zurückzuführen sein oder auf Stammestraditionen. Dass zum Beispiel eine Ratte kein Freund von Flötenspielern ist, erscheint out-time erst einmal spaßig, aber in-time fragt man sich schnell: Warum? Es wird kaum daran liegen, dass sie die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln kennt. Einleuchtender ist es, dies mit dem guten Gehör der Ratte zu erklären.
Zum Verhalten zählen auch tiertypische Bewegungen. Sich im Vorfeld mit Dokumentationen zur jeweiligen Tierart zu befassen, kann helfen, sich besser in das Tier hineinzuversetzen und die Darstellung zu verbessern. Über die Stimme kann viel zur überzeugenden Darbietung beigetragen werden. Sie kann je nach Tierart sanfter, quietschender oder tiefer sein, Dialekte und Fremdwörter können eingebaut werden. Vielleicht gibt es spezielle Redensarten, die das Tier verwendet. Das Sprechtempo kann ebenso wichtig sein. Ein Bär, der wie ein Wasserfall plappert, erscheint fraglich. Langsame, brummige Töne sind stimmig bei der Erscheinung. Ein Tier lebt in der freien Natur. Es ist fraglich, ob es überhaupt geschlossene Räume betreten mag. Man sollte sich im Vorfeld Gedanken machen, wie sich das Tier gegenüber anderen Rassen verhalten wird. Wie steht es zum Menschen? Zutraulich? Verängstigt? Angriffslustig? Eine zu starke Abneigung oder Scheu vor anderen Wesen kann das eigene Spiel stark erschweren. Der Charakter sollte mit Spielergruppen kompatibel sein, wenn man aktiv am Plot teilhaben will. Sich selbst bei der Charaktererstellung Steine in den Weg zu legen, ist nicht sinnvoll. Aber es gibt nicht nur Begegnungen mit Menschen. Über solche Begegnungen sollte man sich Gedanken machen, ebenso zur Einstellung zur Magie.
Man muss sich ausgiebig mit der Denkweise des eigenen Charakters auseinandersetzen, wenn man überzeugend wirken will. Wer seinen eigenen Charakter nicht kennt, kann ihn nicht anderen vorstellen. Sinnvoll ist es, einen Exotencharakter auf kleinen Cons zu testen. Wenn man sich schon blamiert, dann wenigstens vor einem kleinen Publikum.
Was will ich darstellen?
Zunächst stellt sich die Frage, was für ein Tier man überhaupt darstelle will. Und vor allem: Warum? Warum überhaupt ein Tierwesen? Hierbei kann es um die Herausforderung beim Kostümbau um den persönlichen Bezug zu einer bestimmten Tierart. Vielleicht will man einfach mehr auffallen als die anderen oder zeigen, dass etwas besser geht. Die Gründe für eine Tierdarstellung sind vielfältig.
Man sollte sich bewusst sein, dass ein Tier eben kein Mensch mit Fell ist. Das Verhalten sollte nicht das eines Bauern sein, sondern der dargestellten Tierart entsprechen. Hierzu sollen einige Beispiele, Möglichkeiten und Fehldarstellungen aufzeigt werden.
Um ein Tier darzustellen, sollte man dieses kennen. Jedes Tier ist von Grund auf anders. Anatomische Besonderheiten oder Talente können bei der Darstellung eines tierischen Charakters sehr hilfreich sein und sollten bei der Wahl der Darstellung berücksichtigt werden. Ein schmächtiger, kleinwüchsiger Bär wird kaum Respekt ernten oder als stark angesehen werden. Ebenso ist eine eigentlich geschmeidige Katze bei starkem Übergewicht nicht unbedingt die ideal gewählte Rolle.
Katzenwesen – Raubtier statt Haustier
Katzen sind sehr vielseitige Wesen. Sie sind aufmerksame Jäger und verspielte Kindsköpfe. Sie vereinen gefährliches Zähnefletschen und herzerweichende Blicke. Bei einer Darstellung sollte man sich nicht auf einen Bereich beschränken, sondern die vielfältige Natur der Tierart sollte berücksichtigt werden. Ein verspieltes Greifen nach einer herumliegenden Schnur oder ein gezieltes Starren in den dunklen Wald sorgen dafür, dass der Mensch zum Tier wird. Katzen sind launische Wesen, die gern spontan die Stimmung wechseln. Im Spiel begegnen einem immer wieder Katzenwesen, die sich auf den Punkt der Niedlichkeit beschränken und in keiner Weise bedrohlich wirken. Eine Katze ist und bleibt aber ein Raubtier! Gerade bei ihrer Darstellung ist die Bewegung außerordentlich wichtig. Eine Katze bewegt sich elegant und schleichend, wirkt in allem, was sie tut, elegant. Zeitweise auf den Zehenspitzen zu laufen, wirkt katzenhafter als stapfende Schritte. Katzen tragen am ganzen Körper Fell, nicht nur, wie oft zu sehen, an Schwanz und Ohren. Das Make-up benötigt Zeit. Es genügt nicht, sich Schnurrhaare zu malen. Latexapplikationen sollten eingesetzt werden, um das Gesicht zu verfremden.
Khajiit
Ein gelungenes Beispiel für ein Katzenkonzept ist Kimana (Mia Shinda). Die Darstellung ist angelehnt an die Khajiit aus dem The Elder Scrolls-Universum (Skyrim). Fellapplikationen an den Nähten des Samtsuits verleihen den Eindruck von Fell am ganzen Körper. Die Fingershoes, die jeden Zeh einzeln umfassen, sorgen dafür, dass die Katze barfuss zu laufen scheint. Durch Fellansätze an den Schuhen wird der tierhafte Eindruck verstärkt. Latexapplikationen an den Ballen der Handschuhe machen die Hand zur Pfote. Die Kleidung ist an einen orientalischen und zugleich schamanischen Hintergrund angepasst. Die zahlreichen Schmuckstücke und Accessoires unterstreichen die verspielte Art eines Katzenwesens. Die Halbmaske deckt die Nasenpartie ab und endet unter den Augen. Ein Großteil der Mimik bleibt dadurch erhalten. Passend gewählte Kontaktlinsen entmenschlichen das Gesicht noch weiter. Mias geringe Körperhöhe von nur 1,43 Metern unterstreicht die Darstellung eines nicht-menschlichen Charakters.
Ein gut durchdachter Hintergrund sorgt für bessere Darstellungsmöglichkeiten im Spiel. Kimana ist durchaus erfreut oder peinlich berührt über ein zugeworfenes Wollknäuel. Der Spieler auf der anderen Seite mag jedoch nur solange Spaß an diesem Scherz haben, bis er merkt, dass jenes Verhalten in Kimanas Heimat einem Heiratsantrag gleichkommt.
Ratten – chaotische Nager
Wer sich für ein Tier entscheidet, das von jeher in Verruf ist, muss im Live-Rollenspiel damit rechnen, auf spielinterne Abneigung zu stoßen. Ratten gelten auf den ersten Blick als bösartig, und man läuft Gefahr, ohne ersichtlichen Grund schon bei Spielbeginn in den Tod zu rennen. Es ist nicht gerade unwahrscheinlich, für einen NSC-Gegner gehalten zu werden. Ein friedliches Miteinander mit anderen Spielern gestaltet sich schwierig.
Es ist nicht mit einer Halbmaske und Standardgewandung getan. Nase, Ohren und Schwanz sind die hervorstechenden Merkmale. Bei der Kleiderwahl sind Löcher und Dreck angebracht, Ratten leben nicht in klinisch reinen Wohnzimmern. Auch im Lager sollte typisches Verhalten erkennbar sein.: Ratten horten gern, eine Ansammlung unterschiedlicher Dinge ist daher passend.
Ratten sind eher Gejagte als Jäger. Sie stehen weit unten in der Nahrungskette, was sich in ihren Bewegungen widerspiegeln kann. Hektisch-nervöse Bewegungen oder abruptes Umschauen und ein gebeugter, vorsichtiger Gang entsprechen dem Wesen einer Ratte besser als selbstsicheres, elegantes Schreiten.
Skaven
Das Wahrhammer-Universum dient als Vorlage für die Rattenwesen der Gattung Skaven. Zu dieser Darstellung zählen die Kinder der Gehörnten Ratte, die hier als Beispiel dienen.
Skaven haben eine chaotische Natur. Nach der Wahrhammer-Beschreibung haben sie im Verhältnis zum Körper sehr große Köpfe, dies ist bei der Umsetzung nur durch Komplettmasken möglich. Die Darstellung seitlich liegender Augen ist in der Praxis schwer umzusetzen – zumindest wenn man sehen will, wohin man tritt. Abwandlungen zur Originalvorlage sind daher unvermeidlich.
Typisch für diese Skaven ist das Sprachverhalten. Prägnant sind die Doppelworte – Wörter die besonders hervorgehoben werden sollen, werden doppelt gesprochen, oder mit einem Synonym ergänzt (z.B. töten-töten oder schnell-rasch). Vereinfachungen kombiniert mit einer quietschenden Stimme runden die Darstellung ab.Der gesellschaftliche Stand untereinander hängt von der Fellfärbung ab, was ebenfalls berücksichtigt werden sollte. Ratten mit braunem Fell haben ein geringes Ansehen, während Skaven mit weißem Fell sehr geschätzt werden. Schwarze Ratten gelten als kräftiger und liegen vom Rang im Mittelfeld.
Auch wenn dieselbe Gattung dargestellt wird, können sich Charaktere von Grund auf unterscheiden. Im ersten Bild ist der Graue Prophet Iz`ek Krummhorn zu sehen. Die Hörner weisen ihn als besonders angesehenes Exemplar aus, denn gehörnte Skaven sind selten. Die Robe zieren Runen und Symbole, die auf den gehobenen Priesterstatus hinweisen.
Deutlich einfacher gehalten ist die heruntergekommene Kleidung von Skavenweibchen Rhikit Feigpelz (im zweiten Bild, unteren Links) Löcher, Dreck sowie die gebeugte Haltung weisen auf den niedrigen Rang der braunfarbigen Ratte hin.
Eine bedrohlichere Rattenvariante stellt Sturmratte Dri'Grizz Blutdurst (im zweiten Bild Mitte) dar. Die Rüstung unterscheidet sich von einer menschlichen durch übergroße Stacheln und die Form. Die chaotische Natur der Skaven ist offensichtlich. Dekorative Schädel und die überdimensionale Waffe lassen Dri’Grizz schon von weitem bedrohlich erscheinen.
Huftiere – Kein Streichelzoo
Die Huftier-Darstellung beschränkt sich in vielen Fällen auf den Unterkörper. Faune mit Ziegenbeinen sieht man oft, aber ihr Wesen ist eher menschlich. Nur wenige Faune zeigen tierische Eigenarten. Solche können beim Beispiel eines Faunes eine gewisse Weltfremdheit, Unverständnis für menschliche Werte oder die starke Verbundenheit zur Natur sein.
Als mögliche Tierwesen würde man Minotauren (Stiere), Kentauren (Pferde) oder Draan (Ziegen) sehen. Ein Minotaurus zeichnet sich durch Größe und Stärke aus, dadurch kommt eine solche Darstellung eher bei naturgegebenen körperlichen Extremen infrage. Die Wesen mit den Stierköpfen entstammen der griechischen Mythologie, was sich auch in der Kleidung widerspiegeln kann. Sie sind für den Kampf geschaffen, ideal für ein kriegerisches Konzept.
Äußerst schwer darzustellen sind Kentauren, deren Unterkörper der eines Pferdes ist. Eine solche Darstellung ist nicht unmöglich, fordert aber ein enormes handwerkliches Geschick und hohe Investitionskosten. Zudem bereiten der Transport und Bewegungen in einem derart massigen Kostüm Probleme.
Besser umsetzbar sind die ziegenartigen Draan.
Draan
Die Gruppe der Draan ist auf ein selbsterdachtes Spielerkonzept zurückzuführen, das Interpretationsfreiraum für Neueinsteiger lassen soll. Körpergröße und Statur sind bei der Darstellung nicht vorgeschrieben. Die Ziegenwesen weisen im Gegenzug zu den Faunen am ganzen Körper Fell auf und haben einen gehörnten Ziegenkopf. Das Volk dient einem Kriegsgott und einer Göttin der Schöpfung, ist jedoch gutartig. Die Draan finden oft schnell Bezug zu Paladinen und Priestern. Gegenüber anderen Tierwesen gehen sie auf Distanz, denn nur weil etwas Fell hat, muss es kein Freund sein.
Auf dem Bild sind Krieger Lorac (links), Kriegerin Needra (mittig) und Priesterin Aneesh (rechts) zu sehen. Die Masken entstanden im Eigenbau. Arme, Beine und Kopf sind mit Kunstfell bedeckt, das im Vergleich zu Echtfell nicht ganz so warm und bei Wärme etwas komfortabler zu tragen ist. Die Hufe sind so umgesetzt, dass sie ein bequemes Laufen ermöglichen.
Meereswesen – Ungeheuer aus der Tiefe
Die Darstellung von Meereswesen erfordert insbesondere einen passenden Charakterhintergrund. Ein Meereswesen, das sich an Land begibt, erscheint von vornherein fragwürdig. Es sollte einen guten Grund dafür haben. Welche Wesen aus der Tiefe lassen sich überhaupt darstellen? Wassernymphen und Nixen können tierische Eigenarten wie Flossen aufweisen, doch sind sie nicht wirklich als Tierwesen zu bezeichnen. Ihr Charakter entspricht eher dem eines Menschen. Fischartige Geschöpfe, wie man sie aus den Fluch der Karibik-Filmen kennt, fallen eher in diesen Darstellungsbereich. Schuppenbesetzte Körper und stark entmenschlichte Gesichter sind das, was man bei der Darstellung eines Meeresungeheuers erwartet, Geschöpfe, hart und grausam wie die See selbst, sind der Schrecken eines jeden Piraten. Letzteren ist nahezulegen, dass Furchtlosigkeit nicht immer die richtige Wahl ist. Der Anblick eines Seeungeheuers darf selbst einen gestandenen Kapitän in die Knie zwingen. Schließlich verbreiten sie seit Generationen Schauergeschichten über das Volk in den Tiefen des Meeres.
Quaduris
Die Wesen der Tiefsee tragen den Namen Quaduris. Sie sehen sich selbst als hochzivilisierte Lebensform und bewohnen kultivierte Städte in den Tiefen des Meeres. In ihrer Entwicklung sind die langlebigen Wesen den Menschen weit voraus, weshalb sie jene als niedere Lebensform betrachten. Auch wenn ein Quaduris sich kaum als bösartig betrachten würde, würde jeder, der ihm gegenüber steht, etwas anderes behaupten. Wenn man mit den Quaduris in Kontakt treten will, sollte man Sorge dafür tragen, ihnen den eigenen Wert kenntlich zu machen. Anderenfalls spielt man mit der eigenen Unversehrtheit. Das Meer ist eben unberechenbar, genau wie seine Geschöpfe.
Im Lager der Quaduris spiegelt sich die Nähe zur See wieder. Der dortige Schrein des Meeresgottes ist für Spieler zugänglich. Die Bemalungen an den Zeltwänden und reichlich Dekoration erinnern an die Heimat der Fischwesen.
Die Darstellung eines Quaduris’ kann so vielfältig sein wie die Tierwelt der Tiefsee. Die folgenden Charaktere dienen als Beispiele, was umgesetzt werden kann.
Qunn im ersten Bild ist an einen Anglerfisch angelehnt. Für diese Fischart sind die hervorstechenden Merkmale der überdimensionale Kiefer mit langen, spitzen Zähnen und die Laterne, die aus der Stirn wächst. An den Armen angebrachte Lederschuppen verstärken den Eindruck eines Fischwesens.
Golik'Lohgol (zweites Bild, Mitte) lehnt seine Darstellung an einen Kraken an. Diese unterscheiden sich zu anderen Meereswesen durch die hochgezogene Kopfform. Aus dem Kopf wachsen Tentakeln statt Haare und die Form der Gliedmaßen unterscheidet sich von der menschlichen Anatomie. Es fehlt die linke Hand und die Füße wirken flossenartig. Muscheln und Korallen an der Panzerung weisen auf das Leben im Meer hin.
Rack'Shaa (zweites Bild, Rechts) gleicht einer Muräne, was man an der vorgezogenen Mundpartie mit den spitzen Zahnreihen erkennt. Auch die tiefliegenden Augen entmenschlichen das Gesicht. Einprägsam bei diesem Kostüm ist die Farbgebung. Rot und Grün gehen fließend ineinander über, wie es bei Fischen meist der Fall ist.
Qaash'Saerakk zweites Bild, Rechts am Rand) ist unschwer als Krabbe zu erkennen. Jegliche menschliche Züge sind unter der Maske verschwunden. Die Stielaugen ragen ein gutes Stück aus dem Kopf heraus. Die Sehschlitze in der Maske sind bestens getarnt und der großen Schere an der linken Hand möchte man nicht zu nah kommen. Der große Panzer auf dem Rücken rundet das Bild der Krabbe ab.
Affen – dem Menschen m nächsten
Affenartige Tierwesen ähneln den Menschen vom Verhalten am ehesten. Dennoch sollten tiertypische Verhaltensweisen berücksichtigt werden. Kommunikation über Gestik, zum Beispiel durch ein Klopfen auf die Brust oder ein Schlag auf den Boden passen besser zu einem Affen als eine klare Formulierung. Die Sprache sollte einfach gewählt sein: stockend in kurzen Worten und unterbrochen von rassentypischen Lauten. Affen sind gesellige Wesen. Sie sind beweglich und haben keine Probleme, den nächsten Baum zu erklimmen. Wer grundlegend unsportlich ist, sollte sich daher nicht für diese Gattung entscheiden. Affen sind von Natur aus neugierig. Herumliegende Gegenstände werden gerne inspiziert. Sie schauen sich Verhaltensweisen anderer Arten ab. Kommt jemand im Spiel also auf den Gedanken, einen Affen streicheln zu wollen, könnte das Tierwesen schnell annehmen, dass es eine Tradition unter Menschen ist und fortan einen Menschen ebenfalls mit einem Flauschen zu begrüßen.
Bei der optischen Darstellung ist Fell erforderlich. Es sollte farblich an die entsprechende Affenart angepasst werden. Je nach Affenart sind auch Schwanz und Maske nötig. Affenmasken gibt es allerdings nicht in hundert Varianten, darum selber bauen oder gekaufte Masken verändern. Es wirkt schließlich seltsam, wenn sich zwei identisch aussehende Charaktere gegenüber stehen.
Gorilla
Als Beispiel einer Affendarstellung dient Gorilla Bartok. Das dicke Fell an Armen und Schultern lässt den Spieler breiter erscheinen, was für einen Gorilla wichtig ist. Gorillas verfügen über große körperliche Kraft, die dargestellt werden sollte. Vor einem Con sollte der Spieler Rücksprache mit der Spielleitung zu dieser Fähigkeit halten. Ein Gorilla hat längere Arme als ein Mensch. Dies lässt sich durch die Körperhaltung gut darstellen. Eine vorgebeugte Haltung schafft diesen Eindruck, muss aber konsequent beibehalten werden.
Gemeinsam statt im Alleingang
Das Spiel in einer Gruppe erleichtert es Euch, als Tierwesen ernst genommen zu werden. Zudem greift man eine Gruppe nicht ganz so schnell an, wie einen einzelnen Fremdrassenspieler – die Überlebenschance steigt drastisch. Auch ein zur Tierart passendes Lager gestaltet sich in der Gruppe leichter. Man kann die Kostüme aufeinander abstimmen und den Eindruck einer Rasse vermitteln. Wichtig ist, dass die Gruppe harmoniert und auf lange Zeit bestehen kann. Ein friedliches Miteinander in der Gruppe erleichtert das Spiel. Für Einsteiger besteht die Option, eine neue Gruppe zu gründen oder nach Gruppen mit ähnlichen Konzepten zu suchen, um sich ihnen anzuschließen. Bestehende Gruppen findet man entweder auf Cons, über das LarpWiki-Gruppenverzeichnis oder auf Nachfrage in Facebook-Gruppen. Ratschläge aus allgemeinen Larp-Foren oder Larp-Facebook-Gruppen sind dagegen mit Vorsicht zu genießen. Zwar sollte es auch dort eigentlich um den gegenseitigen Austausch gehen, die Erfahrung zeigt jedoch, dass Kritik oftmals wenig konstruktiv ist. Schnell kommt das Argument Das ist nicht umsetzbar. Sinnvoller ist es, sich direkt an bestehende Gruppen zu wenden. Diese geben gern Rat und Hilfe, da sie wissen: Wer nicht bereit ist zu helfen, der muss sich nicht beschweren, wenn Kostüme von minderer
Qualität die Larp-Szene bevölkern.
Zum Abschluss
Bedenkt bitte, wenn Ihr Euch mit einem tierischen Charakter für ein Con anmeldet, dass sich nicht jeder Spielhintergrund für ein Tierwesen eignet. Sprecht zuvor mit der Orga ab, ob Euer Konzept auf dem angestrebten Spiel umsetzbar ist. Auch etwaige Sonderfähigkeiten sollten im Vorfeld abgeklärt sein.
Wer nun Blut geleckt hat und selbst zum Tier mutieren möchte, sollte zumindest einige der angemerkten Punkte berücksichtigen. Nach dem Motto: Willst Du als Tierwesen ernst genommen werden, dann nimm die Rolle deines Tierwesens ernst. Es wäre schön zu sehen, wenn in den nächsten Jahren mehr gelungene Tierwesen-Darstellungen die Larp-Szene bevölkern würden. Spott haben Tierdarstellungen in den vergangenen Jahren wahrlich genug geerntet. Es wird Zeit, dass man Tierwesen wieder mit Staunen und Respekt begegnen kann.
Text: Jaal Uhmann
Fotos: Jaal Art
Dieser Artikel ist erschienen bei:
LARPzeit.de